Nie war die Behauptung „Dieses Spiel ist schwer zu bewerten“ treffender als hier. Wer glaubt, ein Videospiel im traditionellen Sinne, welches Herausforderungen und zu erledigende Aufgaben bietet, wird sich auf den Arm genommen fühlen. Ist man aber Ungewöhnlichem gegenüber aufgeschlossener und hat Interesse an etwas völlig Neuem, so ist man bei Elektroplankton definitiv nicht an der falschen Adresse. Auf alle Fälle ist es sehr erfreulich, dass es dieses faszinierende Stück Software nach Europa geschafft hat.
Spieletest: Electroplankton NDS
Weitere Infos
Releasedate:32. Juli 2006



Anzahl der Spieler: 1
Leser-Meinungen: 3 Meinungen
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Specials: keine
Plus / Minus
- Positiv:
- SEHR innovatives und interessantes Gameplay
- Negativ:
- WIRKLICH nicht jedermanns Sache
- keine Speicherfunktion
Marine-Snow
Diese Bezeichnung steht hier nicht für im Meer umhertreibendes, totes Plankton, sondern vielmehr für eine Gruppe überaus lebendiger, wie Schneekristalle geformte Tierchen. Jene sind besonders erwähnenswert, da sie die Vorzüge mehrerer Planktonarten vereinen: Einerseits sind sie in großer Anzahl vorhanden, und andererseits nicht alle gleich, denn es existieren vier verschiedene Arten – Drei-, Vier-, Fünf-, und Sechseck – welche auch unterschiedlich gestimmt sind und sich wie Xylophon, Spieluhr, Glockenspiel und Klavier anhören. Auch in puncto Interaktion sind jene Wesen vielfältig – ein einzelner Stylusdruck lockt die Töne aus ihnen und wer zwei Tierchen hintereinander berührt, tauscht ihre Plätze. Ebenso können aber auch Linien (oder Kreise) über mehrere jener „Schneekristalle“ gezogen werden, was schöne Tonfolgen ergeben kann. Eindeutig einer der vielfältigsten Modi.
Die Beats des NES
Was der Name Beatnes verbirgt, finden Freunde von Nintendos altehrwürdiger 8Bit-Konsole rasch heraus: Fünf Raupenartige Tierchen wackeln mit ihren Körpern hin und her und geben bei Berührung klassische Soundeffekte von sich, während ebenso klassische Musik gespielt wird. Vier mittels Select austauschbare Themenwelten stehen zur Auswahl: Der Dauerbrenner und ewige Klassiker Super Mario Bros. darf natürlich nicht fehlen, ebenso sind Kid Icarus, Ice Climber sowie R.O.B. wählbar. BGM und Soundeffekte können so also gewählt werden – und was gibt es sonst noch zu tun? Nun, jedes der Tierchen verfügt über acht Körpersegmente sowie einen Kopf und ein Schwanzende, wobei jeder Teil einen anderen Ton abgibt (die erwähnten acht Segmente ergeben eine Tonleiter – c-d-e-f-g-a-h-c). Wird eines dieser rautenförmigen Körperabschnitte mittels Stylus berührt, so ertönt er und wird danach viermal wiederholt. Und auch hier kann wieder durch Druck von A der Ausgangszustand wiederhergestellt werden. Ein netter Modus mit Nostalgie-Bonus.
Papagei?
Und schon sind wir bei Plankton Nummer 10 angekommen, welches den klingenden Namen Volvoice trägt – ein tropfenförmiges, mit einer Geißel bestücktes Wesen, welches wie schon die Rec-Recs eine besondere Vorliebe für die menschliche Stimme hat und als einziges Tierchen solo unterwegs ist. Das Prinzip klingt hier sehr simpel: Einfach mit dem Stylus auf Volvoice tippen, maximal acht Sekunden lang sprechen und es wieder loslassen (oder einfach A benutzen) – schon wiederholt es das Gesprochene immer wieder. Wer das Aufgenommene löschen will, drückt Select oder auf die Geißel des Tierchens. Wäre dies alles, würde es sich bei Volvoice wohl um das Langweiligste Electroplankton handeln. Doch das wirklich Witzige kommt noch: Durch einfaches Antippen von Symbolen kann das Gesprochene auf 15 verschiedene Arten verändert und verzerrt werden! Also wird extrem langsam oder extrem schnell, sehr tief oder sehr hoch gesprochen, oder die Stimme klingt metallisch, wird mit einem merkwürdigen Akzent versehen und vieles mehr. So besitzt Volvoice zwar nicht so viele Möglichkeiten wie so manche (beweglichen und in größerer Zahl auftretenden) Kollegen, und schöne Klänge werden hier auch nicht unbedingt erzeugt – dafür handelt es sich bei ihm definitiv um das witzigste Tierchen.
Was ist es denn nun?
Grafisch sind die Unterwasserwelt und ihre nicht gerade beeindruckend, aber hübsch, niedlich, in gewisser Weise künstlerisch und auf eine Art beruhigend dargestellt, und der Großteil der Musik besteht eben aus einzelnen Tönen, welche vom Spieler aber zu sehr hübschen Klangfolgen zusammengefügt werden können. Das wunderschön und sehr ausführlich gestaltete Booklet, in welchem die Tierchen selbst die Spielmöglichkeiten erläutern (was aufgrund des hohen Niedlichkeitsfaktors aber vermutlich nicht jedermanns Sache ist) und welches unter anderem Anmerkungen des für das Spiel verantwortlichen Medienkünstlers Toshio Iwai an den Spieler und solch nette Dinge wie die Erwähnung von dessen Familie in den Staff Credits unter „Special Thanks“ und Kinderzeichnungen am Ende beinhaltet, zeigt ebenso wie das Spiel selbst, dass mit sehr viel Liebe zum Detail gearbeitet wurde. Und hier ist aber schon der Knackpunkt: Das Wort „Spiel“ ist gefallen – und es stellt sich die Frage, was Electroplankton denn nun genau ist. Ist es ein Spiel? Ist es ein Musikprogramm? Ist es Kunst? Nur eines kann genau gesagt werden: Es ist undefinierbar, dadurch auch sehr schwer mit anderem zu vergleichen und äußerst geschmacksabhängig. Und wer den Kauf erwägt, sollte sich darüber schon im Klaren sein – denn wer ein traditionelles Spiel erwartet, wird aufgrund fehlender Ziele und Aufgaben enttäuscht sein, und wer denkt, ein Musikprogramm zu erwerben, wird sich über die fehlende Speicherfunktion ärgern. Ob nun letzteres ein Teil des Konzeptes – der Weg ist das Ziel; man erfreut sich im Moment an der gerade erst erzeugten Musik – oder ein Manko ist, muss jeder für sich selbst entscheiden; ein erwähnenswerter Minuspunkt ist es definitiv: Die einzige Möglichkeit, untätig den Klängen zu lauschen, ist den eingangs erwähnten „Zuhörer“-Modus anzuwählen, an welchem man nie weiß, welches Plankton erscheinen wird – wer selbst eine schöne Melodie gezaubert hat und jene wieder hören will, hat nur die Option, sich zu erinnern, wie sie erzeugt wurde...
Fazit?
Somit ist es äußerst schwierig, ein Fazit zu ziehen, da es sich bei Electroplankton um etwas wirklich Ungewöhnliches und Geschmacksabhängiges handelt. Während die einen nach 30-60 Minuten meinen, alles gesehen zu haben und sich über den gezahlten Vollpreis ärgern werden, werden die anderen Stunden in der beruhigenden und entspannenden Unterwasserwelt verbringen, um harmonische Klangfolgen zu schaffen. Um all dies in einem Satz auszudrücken: Electroplankton ist ein Kunstwerk – aber nicht jedermanns Sache.
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Vielen Dank an die Firma Nintendo für die Bereitstellung des Testmusters.
Letzte Aktualisierung: 22.August.2006 - 13:11 Uhr