Star Ocean - The Divine Force

Star Ocean - The Divine Force

Star Ocean – The Divine Force

Square Enix haut in letzter Zeit einen nach dem anderen raus, ob Remake, Remaster, Rerelease, Fortsetzung oder auch neue Titel, die Veröffentlichungsliste des japanischen Riesen ist ellenlang. Viel Futter also für die Nintendofans.de Redaktion und das nicht nur auf unserer Lieblings-Hybridkonsole, sondern auch im Off-Topic-Bereich. Wir durften auf der Playstation 5 einen intensiven Blick auf das neue Star Ocean: The Divine Force werfen und verraten euch im Test, ob die Reihe endlich wieder Aufwind bekommen hat oder ob der Abwärtstrend fortgesetzt wird.

Star Ocean im Wandel der Zeit

Lang, lang ist’s her, seitdem mit Star Ocean auf dem Super Famicom ein echtes jRPG Super-Schwergewicht das Licht der Welt erblickte. Da es in der letzten Lebensphase des Super Nintendo Zeitalters erschien und schon die damaligen Next-Gen-Konsolen am Markt etabliert waren, entschied man sich gegen einen Release im Westen. Das Spiel war für damalige Verhältnisse ein auf dem SNES nie dagewesenes Technikwunder. Es benötigte ein 48MBit-Modul, um die Sprachausgabe (!), die phänomenale Grafik (Teilweise mit pseudo-3D) und den Umfang des Spiels zu beherbergen. Die notwendige Komprimierung mit dem S-DD1-Chip machte es Emulationsgeräten wie dem Action-Replay zudem schwer bis unmöglich ein Importmodul auf der heimischen Konsole zum Laufen zu bringen. Dies gelang erst später dank fortgeschrittener Emulationstechnik.

Man mag sich fragen, was die lange Vorrede soll, aber es soll deutlich werden, dass Star Ocean damals die Grenzen des möglichen sprengte und auf aller höchstem Niveau operierte. Der PSX-Nachfolger Star Ocean: The Second Story fügte dem bewährten Konzept noch FMV-Sequenzen hinzu, hatte grafisch aber schon eher den Retro-Charme, wenn man mit einem Final Fantasy VII verglich. Es folgten zwei sensationelle Remakes der beiden Teile für die Playstation Portable, die für viele Spieler die besten Versionen darstellen, aber es waren eben „nur“ Remakes, die Story war dieselbe.

Der Release des dritten Teils Till the end of Time sorgte durch massive Bugs beim Japan-Release für einen peinlichen Auftritt, samt Rückholaktion. Der ausbesserte Director’s Cut konnte dann in Japan, wie auch im Westen überzeugen, auch wenn man dennoch nicht zu alter Größe zurückfand. Von da an nahm die Qualität der Spiele stark ab, vor allem Integrity and Faithlessness sorgte für viel Spott und Unmut.

Nun dürfte klar geworden sein unter was für Vorzeichen der neueste Ableger der Reihe, The Force Divine, wohl steht. Die Entwickler versprachen, dass man sich die Rückmeldung der Fangemeinde zu Herzen genommen und sich auf die wahren Stärken der Reihe besonnen habe. Aber was erwartet den Spieler nun tatsächlich beim Start des Spiels?

Eine herbe Enttäuschung

Man kann es nicht anders sagen: Wer den AAA-Vollpreis bezahlt hat muss einiges an Geduld und Vorschussvertrauen investieren, um The Divine Force ins Herz zu schließen. Einfach machen es einem die Entwickler nämlich nicht. Das Figurendesign lässt einen an Final Fantasy 13 (2009) und Valkyre Profile (1999) Zeiten zurückdenken und wirkt eher altbacken als futuristisch. Egal für welchen Charakter man sich am Anfang entscheidet, den Sci-Fi-Helden Raymond Lawrence oder die Mittelalter-Prinzessin Leaticia Aucerius, es wurde tief in die Klischee-Kiste der jRPGs gegriffen und im Design wenig Neues geboten. Vor allem der draufgängerische Raymond ist mit seiner an Crash Bandicoot erinnernden Frisur kaum ernst zu nehmen. Dazu beginnt das Spiel exakt wie schon seinerzeit der Erstling. In der Galaxis gibt es weiter und weniger weit entwickelte Völker. Letztere dürfen per Gesetz nicht von ersteren beeinflusst werden – Star Trek lässt grüßen. Dennoch strandet ein Händler der intergalaktischen Föderation auf einem Planeten, der gerade in einer Art Mittelalter zu stecken scheint. Ab hier entspinnt sich eine Geschichte, die erst nach einigen Stunden an Fahrt aufnimmt, dafür dann aber so richtig. Immerhin lädt das Spiel zum zweifachen Durchspielen ein, denn beide Charaktere bringen unterschiedliche Spielerlebnisse und Storywendungen mit sich.

Unstimmigkeiten

Obwohl die Story tatsächlich einige Überraschungen auf Lager hat und sich immer weiter in den oberen epischen Bereich manövriert, dabei herzliche und glaubhafte Charaktere zeigt, dauert es wirklich lange bis der Funke überspringt. Das liegt an vielen kleinen Unstimmigkeiten, die schon so manch anderem jRPG das Rückgrat brachen. Beispielswiese ist die Musik, ein Kernelement fernöstlicher Rollenspiele, oft seltsam unpassend. Obwohl man gerade erkunden und laufen soll, brettert die Musik wie zum Endfight und an anderer Stelle ist es genau andersherum. Auch die Abmischung zwischen Score und Soundeffekten ist seltsam und verlangsamt die Immersion mit der Spielwelt. Diese ist selbst für das Star Ocean Universum sehr groß geraten und die neuen Halb-Open-World-Areale sollen zum Erkunden einladen. Schade nur, dass die Areale öde, eintönig und leblos inszeniert sind. Sie sind groß, aber weitestgehend leer. Ein wahrer Stimmungskiller sind die Tutorialtexte, die zu Beginn des Spiels in allerkleinster Schrift und ausufernder Ausführlichkeit in rauen Mengen auf den Spieler einfallen. Zudem wird das gelesene nicht abgefragt oder geprüft in Form eines echten Kampftutorials, sodass nicht Verstandenes unverstanden bleibt. Dabei sind die Kämpfe spannend, actiongeladen gestaltet und von einem Effektgewitter begleitet. Interessant vor allem ist dabei die Kampfdrohne D.U.M.A, die Raymond neuartige Angriffe ermöglicht. Er kann damit in die Luft steigen und blitzschnelle Angriffe ausführen. Auch außerhalb der Kämpfe ist die Drohne sehr nützlich, denn man kann auf hochgelegene Plattformen oder Dächer fliegen und auf diese Weise versteckte Items finden. Aber genau das führt zu einem der größten Störfaktoren des neues Star Ocean Ablegers. Diese Manöver sind völlig inkongruent in die Spielwelt implementiert worden.

Man stelle sich vor, dass ein Fremder aus dem All mit seltsamer Kleidung, noch seltsamerem Gebaren und allerlei technischem Schnickschnack aus der Sci-Fi Welt auf einer im Mittelalter steckenden Welt trifft. Es bräche das Chaos los und wahrscheinlich wäre der nächste Lynchmob nicht weit. Aber Laeticia ist höchstens irritiert und im Dorf juckt es niemanden, wenn man von Dach zu Dach fliegt. Das war schon im allerersten Star Ocean klüger und authentischer gelöst.

Next-Gen?

Die große Stärke des Spiels sind seine Charaktere, deren Verwicklungen untereinander und die immer größer werdende und an Bedeutung gewinnende Handlung. Es gibt wieder einiges was man dafür tun kann, dass bestimmte Charakter-Konstellationen miteinander besser funktionieren als andere. Dazu zählen die franchiseüblichen Private Actions, die an bestimmten Orten möglich sind. Sie vertiefen die Bindung zwischen den Teilnehmenden Figuren und helfen dem Spieler einzutauchen in die interessanten Dynamiken, die sich ergeben wenn Sci-Fi und Mittelalter aufeinander treffen.

Das Kampfsystem ist auf den ersten Blick sehr brachial und manchmal auch etwas unübersichtlich. Wer nur sinnlos in die Tasten hämmert, wird bald alle seine Aktionspunkte (AP) aufgebraucht haben und darauf warten müssen, dass sich die Leiste wieder füllt. Wer jedoch mit gekonntem Einsatz von Angriffen, Partneraktionen und Ausweichmanövern voranschreitet wird seine AP-Leiste sogar noch erweitern können, sodass selbst Riesengegner alt aussehen werden. Zwischen dem einen und dem anderen Spielstil liegt aber tatsächlich einiges an Arbeit, denn die strategischen Komponenten mögen erst einmal gelernt sein. Man kann beispielsweise während des Kampfes die Charaktere wechseln, ja sogar andere einfach einwechseln oder auch die Stop-Taste drücken, welche das Spiel pausiert und es einem ermöglicht taktische Finessen umzustellen oder mehrere Aktionen gleichzeitig auszuführen. Wer sich einfuchst, wird definitiv belohnt und wer dafür keine Zeit hat, wechselt in den easy Modus – mit dem schafft es jeder.

Leider wird die seltsame Menüführung des Games einige Spieler vorzeitig abschrecken, sodass nicht jeder zu diesem Aha-Erlebnis im Kampfe kommen wird. Um im Kampf erfolgreich zu sein, müssen viele Einstellungen in Sachen Ausrüstung und Fähigkeitenbaum gemacht werden. Die Menüs sind aber durch minimale Schriftgröße und Unübersichtlichkeit geprägt. Zudem ist nicht alles direkt verständlich, sodass man leicht den Faden verlieren kann. Auch bei der Optik handelt es sich um ein zweischneidiges Schwert. Während der Blick an den planeten- und sternenbehangenen Himmel einem den Atem raubt und auch die Städte und Dörfer ihren Charme haben, erinnert das Spiel eher an ein hochskaliertes PS4-Game und selbst da haben wir schon besseres gesehen. Direkt um einen rum ploppt das Gras auf, Bäume verändern bei jeder Bewegung ihre Textur, die Lippensynchronität ist ein Graus und was ist eigentlich mit den Zähnen der Charaktere los? Einige Münder sehen dank der glatten, strahlend weißen Kauleisten eher wie bei Boxern mit Gebissschutz aus. Das erwartet man bei einem AAA-Titel aus dem Hause Square Enix eigentlich anders. Die bereits erwähnten Soundissues machen den Gesamteindruck keineswegs besser und als Playstation 5 Besitzer fühlt man sich angesichts der peinlichen Performance etwas veräppelt.


FAZIT

Star Ocean: The Divine Force ist definitiv besser als sein Vorgänger aber Lichtjahre von den besten Teilen des Franchise entfernt. Die blamable Grafikperformance, eine gewöhnungsbedürftige Menüführung, sowie einige Logiklöcher vermögen die epische Story mit ihren tollen Charakteren und das rasante und kluge Kampfsystem nur bedingt auszugleichen. Das Charakterdesign wirkt beliebig und reizt die durchaus interessante Mischung aus Sci-Fi und Mittelalter nicht genug aus. Fans der Reihe können mit diesem Titel ihren Spaß haben, müssen aber dank eines trägen Starts einiges an Zeit und Kraft investieren. Allen anderen sei das im Kern ähnliche, aber viel besser Tales of Arise ans Herz gelegt.

Grafik 5
Sound 6
Gameplay 7
Story 7.5
Spielspaß 6

GESAMT: 6.5

PRO
Wendungsreiche und epische Story
Zwei mögliche Storydurchläufe
Kluges Kampfsystem
Interessante Figuren

CON
Grafikproblem wohin man schaut
Unausgewogene Soundabmischung

Danke an Square Enix für die Bereitstellung des Testmusters.

verfasst von „MatEusZ“

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Letzte Aktualisierung: 07.11.2022, 19:39 Uhr