Dying Light 2: Stay Human (PS4/ PS5/ XBox Series X)

Dying Light 2: Stay Human (PS4/ PS5/ XBox Series X)

Die Entwicklung von Dying Light 2: Stay Human war in den letzten Jahren eine richtige Achterbahnfahrt. Bereits 2018 wurde es auf der E3 angekündigt. Nach einigen Personalentscheidungen und anderen Verzögerungen schafft es das Game nach nun 4 Jahren auf die Konsolen. Haben die Entwicklungsprobleme Einfluss auf das fertige Spiel gemacht? Schnappt euch eure Laufschuhe und findet es mit uns raus.

Sanfter Reboot

Dying Light 2: Stay Human spielt 15 Jahre nach dem ersten Teil. Grundsätzlich ist es ein sanfter Neustart der Serie. Villedor, vielen auch als „Die Stadt“ bekannt ist eine der letzten großen Siedlungen der Welt. Ihr schlüpft in die Rolle von Aiden Caldwell, einem sogenannten „Pilger“. Das sind Menschen, die in keiner fixen Siedlung wohnen, sondern zwischen den Städten reisen, Aufträge ausführen und Besorgungen machen. Die Welt außerhalb der sicheren Stätten ist sehr gefährlich. Als Kind wurden Aiden und seiner Schwester Mia grausamen Experimenten mit einem infizierten Impfstoff unterzogen. Beteiligt war daran ein Arzt namens Waltz. Nach einem Feuer wurden die Geschwister getrennt. So begibt sich der Pilger auf eine gefährliche Reise, seine Schwester zu finden und sich an dem Arzt zu rächen, der anscheinend in Villedor untergetaucht ist.

Die Story ist gerade in den ersten Spielstunden sehr tiefgründig und erinnert dabei etwas an das packende Storytelling von The Last of Us – vor allem am Anfang, wo man in die postapokalyptische Welt eingeführt wird. Während ihr zu Beginn mit der Steuerung vertraut werdet, entdeckt ihr früh, dass eure Schwester und Dr. Waltz wahrscheinlich irgendwo in der Innenstadt von „Central Loop“ zu finden sind. Einem Gebiet, dass von der militärischen Peacekeeper-Fraktion bewacht wird. Während ihr versucht an ihnen vorbeizukommen, werdet ihr erwischt und dazu gedrängt, ein komplexes Mordrätsel zu lösen. Da gibt es aber noch die Survivor Fraktionen. Das sind Siedler, die sicheren Unterschlupf beispielsweise in Kirchen gesucht haben. Grundsätzlich friedlich, wenn man sie ihn Ruhe lässt. Doch versehentlich löst ihr einen umfassenden Krieg zwischen den Peacekeeper- und Survivor Fraktionen aus.

Früh im Spiel müsst ihr euch entscheiden, welcher Gruppierung sich Aiden anschließen soll. Eure Entscheidung hat merklich Einfluss auf den weiteren Spielverlauf, sowie die weitere Geschichte.

Die Story ist vor allem in den ersten Stunden sehr packend, kommt aber danach nur langsam in Fahrt und bringt es nur schwer auf den Punkt. Dennoch trifft man immer wieder auf unvergessliche Charaktere und Momente, aber der Hauptcharakter selbst schwächelt. Techland leistet dabei gute Arbeit, damit sich die Städte komplex und lebendig anfühlen. Es wird uns eine atmosphärische und durchaus glaubhafte Zombie-Apokalypse präsentiert.

Fehlende Contenance

Dying Light 2: Stay Human macht in den ersten Spielestunden vieles richtig und man hat richtig Bock auf das Game. Doch leider schaffte es Techland nicht dieses Feeling konsequent bis zu Ende des Spiels durchzubringen. Nach gut der Hälfte hat man das Gefühl, als hätte eine völlig neue Geschichte begonnen. Es tauchen Charaktere auf, die nur wenig Verbindung zu jenen haben, die ihr bis zu diesem Zeitpunkt getroffen habt. Der stark beworbene Charakter Lawan (gespielt von Rosario Dawson) taucht überhaupt erst nach zwei Drittel der Kampagne auf. Auch die Auswahlmöglichkeiten, die eure Story vorantreiben, wirken um vieles reduzierter und jene Entscheidungen, die ihr bereits getroffen habt scheinen keine große Wirkung mehr zu haben. Zwar gibt es im gesamten Spiel einige große Dinge zu entscheiden, aber es fühlt sich an, als ob diese keinen großen Stellenwert hatten.

Die Hauptgeschichte ist eine Art Spießrutenlauf, der euch von einem Ort zum Anderen schickt. Die Geschichte rund um eure Schwester Mia gerät dabei immer mehr aus den Augen und der Fokus liegt vermehrt auf den Fraktionsstreitereien. Aiden bleibt, im Vergleich zu manchen Nebencharakteren, eher eine Figur, die sehr blass wirkt. Hier wäre vor allem mehr Tiefgang möglich gewesen.

Gameplay

Was das Gameplay betrifft, so ist Dying Light 2 weitgehend eine Weiterentwicklung seines Vorgängers. Besonders betont werden dieses Mal Fernkampfwaffen – bis zu dem Punkt, an dem Waffen (fast) nicht mehr existieren. An dieser Stelle wird es dann Zeit zu improvisieren und Geschosse aus postapokalyptischem Schrott zu basteln. Die KI der Feinde (ob Mensch oder Zombie) ist grundsätzlich dumm. In den meisten Fällen werdet ihr mit ausweichen, blockieren und festes Draufeinschlagen mit eurer besten Waffe erfolgreich sein. Dass Zombies blind auf einen zustürmen, damit lässt sich ja noch leben. Aber dass menschliche Gegner genauso dumm sind, da hätte man aus der KI noch merklich mehr herausholen können (wie man bei Spielen wie The Last of Us sieht).

Eure Waffen haben zudem nur eine bestimmte Haltbarkeit. Ihr könnt diese zwar mit Mods erhöhen, aber sobald eine Waffe weg ist, ist sie weg. Im Vergleich zu anderen Spielen, wie beispielsweise Far Cry 6, wird es nicht möglich sein mit eurer Lieblingswaffe vom Anfang bis zu Schluss durchzukommen.

Tolles Parkour-System und Leveldesign

Während das Waffenhandling sicherlich nicht jedermanns Geschmack trifft, sind die Änderungen am Parkour-System richtig gelungen. Im Vergleich zum ersten Teil fühlt es sich weniger ruckartig an, die Bewegungen sind flüssiger und ihr habt definitiv mehr Kletteroptionen als damals. Ein cooles Feature ist, dass bei großen Sprüngen und anderen Momenten die Zeit leicht verlangsamt wird, sodass es euch ermöglicht wird besser zu reagieren. Aiden klettert, schwingt sich über Seile, rutscht, springt und das alles im rasanten Tempo. Doch selbst das Parkour-System kommt etwas langsam in Fahrt, da es an Fähigkeitspunkte (Skillbaum) gekoppelt ist. Dazu zählen Manöver wie höhere Sprünge, Sliden und kurze Sprints.

Die größte Stärke von Dying Light 2 bleibt, wie schon im Vorgänger, das Leveldesign. Die Tag-Nach-Dynamik, bei der die Straßen tagsüber weniger gefährlich sind, da sich weniger Infizierte in den Arealen tummeln, ist weiterhin ein großartiges Element. Tagsüber geht die größere Gefahr von feindlichen Fraktionen aus. In der Dunkelheit sieht das ganz anders aus. Die Zombies kriechen aus ihren dunklen Verstecken, die sich nachts tatsächlich räumen. Im Dunkeln ist es daher sehr ratsam Schutzzonen aufzusuchen, die mit rettendem UV-Licht ausgestattet sind. So kommt ein realistisches Gefühl auf, dass ihr euch, selbst beim Spielen, tagsüber einfach sicherer fühlt als nachts. Ihr habt immer mehrere Möglichkeiten eure Wege zu planen und entweder einen Kampf zu erzwingen oder Gegner zu umschleichen.

Sollte es doch einmal hart auf hart kommen, so machen hier und da rar gesetzte Respawn-Punkte das Herumkommen einen Hauch schwieriger. Vor allem, wo auch falsche Sprünge und Entscheidungen tödlich sind, kann das durchaus manchmal nerven. Aber im Großen und Ganzen sind die Spawnstellen gut gesetzt.

Wie bereits anfangs erwähnt, fühlt es sich an, als wäre die Geschichte von Dying Light 2 in zwei Hälften geteilt. Selbiges gilt für das Leveldesign. Währen die erste Hälfte, die in Old Villedor spielt, sich wie eine verfeinerte Version des ersten Spiels anfühlt, bleibt dieses Gefühl in der zweiten Hälfte weitgehend auf der Strecke. Der Fokus in Central Loop liegt auf viel größeren Gebäuden und vertikal gestalteten Missionen. Dazu wird der Gleitschirm eingeführt. Zwar handelt es sich dabei um eine überraschende Veränderung, die sich anfangs durchaus gut und neu anfühlt. Aber durch die Fähigkeit, frei um die Welt zu gleiten, verändert es gefühlsmäßig die Einstellung zu Gefahren und dem Tod. Dieses „klassische“ Survival-Feeling, wie wir es aus den anderen Bereichen kennen, geht da unserer Meinung nach etwas verloren.

Der Open World fehlt es an Abwechslung und markanten Orientierungspunkten. Sich auf der Map zurechtzufinden ist nicht immer ganz einfach. Was in Villedor mit seinen grünen Dachterassen und Windrädern noch gut klappt, ist in der zweiten Hälfte nur kaum spürbar. Man fühlt sich mit der Umgebung nicht mehr Vertraut, wie noh zu Beginn des Spiels. In Dying Light 2 könnt ihr, dank gesammelter Blaupausen, allerlei Dinge craften. Dazu zählt gleich zu Beginn die Medizin, bis hin zu Granaten und anderem Zeugs im weiteren Spielverlauf. Die benötigten Materialien sammelt ihr in Gebäuden (Taschen, Rucksäcke…) oder pflückt Kräuter in der Natur. Ihr findet auch immer wieder Klamotten und nützliche Waffen für Aiden. Es gibt sogenannte Hemmstoffe, mit denen ihr die Parkour- und Nahkampffähigkeiten des Pilgers verbessern könnt.

Laut Techland werdet in etwa 500 Stunden in Villedor unterwegs sein, wollt ihr wirklich keinen Stein auf dem anderen lassen. Etwa 20 bis 30 Stunden werdet ihr aber unserer Schätzung nach für die Hauptkampagne benötigen, doppelt so viel, wenn ihr alle Nebenquests löst. Techland hat aber versprochen, über weitere Jahre nun das Spiel auszubauen und verbessern zu wollen. In Dying Light 2: Stay Human könnt ihr das Spiel mit bis zu drei weiteren Spielern/Spielerinnen im Koop zocken. Dies ist aber erst nach gut zweistündiger Spielzeit möglich. Die Fortschritte im Spiel bleiben aber lediglich beim Host. Charakter-Aufwertungen und gesammelten Loot dürft ihr natürlich behalten.

Gebäude-Freischaltungen

Im Laufe des Spiels könnt ihr Gebäude und Türme einnehmen. Oft ist das an kleine Rätsel gebunden, die es zu lösen gilt oder durch Kletterpassagen. Ihr könnt dann dieses Bauwerk einer der beiden Fraktionen zuordnen. Entscheidet ihr euch für die Survivor, so winken euch als Belohnung neue Parkour-Hilfen wie Jump-Pads, neue Seilrutschen oder Sandsäcke, mit denen ihr aus luftigen Höhen unbeschadet den Boden erreichen könnt.

Weißt ihr das Gebäude den Peacekeepern zu, so gibt es neue Gadgets wie Stromfallen, Autobomben oder Gatling-Guns, die auf den Straßen platziert werden. Leider wirkt das System etwas unausgegoren. Erstens könnt ihr die Verbesserungen nicht auswählen, sondern sie folgen einer linearen Abfolge und während die Survivor-Verbesserungen flüssigeres Fortbewegen und somit mehr Spaß bringen, sind die Peacekeeper-Upgrades nicht immer von großem Nutzen. Sie schaden oft mehr als sie bringen. Bomben sind zwar eine coole Sache, aber durch den Lärm locken sie auch immer mehr Feinde an. Ein besseres Balancing wäre hier sicherlich von Vorteil gewesen.

Relevanz von UNCUT

Die Uncut-Einstellung macht sich versionsunabhängig kaum bemerkbar, wer sich für die Retail-Version entscheidet, erhält in Deutschland ohnehin das Uncut-Paket der deutschsprachigen Pegi-Version. Lediglich wer digital zugreift, erhält die deutsche USK-Version, die das Enthaupten und Töten von NPCs einschränkt. Auch der Gore-Effekt soll hier etwas herabgesetzt sein.

Technische Umsetzung

Gerade durch die Parkour-Elemente ist ein flüssiger Ablauf im Spiel sehr wichtig. Wir haben uns hauptsächlich mit der PS4- und PS5-Version auseinandergesetzt, die mit konstanten 30fps punkten kann. Auf den neueren Konsolen stehen 3 verschieden Bildmodi zur Verfügung:

Qualität: 30 fps, 1080p, RayTracing an

Auflösung: 30 fps, 1080p, RayTracing aus

Leistung: 60 fps, 1080p, RayTracing aus

Bei der PS4-Version werden die Texturen nicht so hoch aufgelöst, Licht- und Schattenspiele kommen natürlich nicht so gut rüber, aber am nervigsten sind die extrem langen Ladezeiten, selbst bei einer SSD. Störend ist außerdem eine Unschärfe im Spiel, die es auf den Next-Gen-Konsolen einfach nicht gibt. Schuld daran ist eine Auflösung von 864p und eine temporäre Kantenglättung. Hin- und wieder kämpft der Titel auch mit kleineren Grafik-Bugs. Der Soundtrack ist sehr stimmungsvoll und die Synchro gut gelungen.

FAZIT:

In Dying Light 2: Stay Human schlummert ein irrsinniges Potential, welches das Entwicklerstudio Techland leider nicht geschafft hat, vollständig zu entfalten. Trotz einiger Kritikpunkte handelt es sich um ein richtig gutes Survivor-Game mit tollen Parkour-Passagen und einem riesigen Zombie-Spielplatz. Technisch ist das Game, vor allem auf Next-Gen, sauber und flüssig, hat sich aber mitunter in der Story total verrannt. Das Ende wirkt unlogisch und vor allem ab der zweiten Hälfte fühlt sich das Spiel einfach anders an. Trotz des verschenkten Potentials ist Dying Light 2: Stay Human ein unterhaltsamer Titel für tolle Spielestunden.

GRAFIK (PS4): 7
GRAFIK (NextGen): 8
SOUND: 9
STORY: 7.5
GAMEPLAY: 8.5
UMFANG: 9.5

GESAMT: 8.5

PRO:

tolles Parkoursystem
großer Umfang
gutes Kampfsystem
richtig gute Zombieatmosphäre

CONTRA:

Story und Map wirkt gespalten
flacher Held
fehlende Abwechslung
ohne Day-One-Patch wenig Spielfreude

Danke an Techland für die Bereitstellung des Testmusters.

verfasst von „Ulrich“

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Letzte Aktualisierung: 15.02.2022, 13:09 Uhr