Returnal im Test (Playstation 5)

Returnal im Test (Playstation 5)

Die Next-Gen will endlich so richtig Fahrt aufnehmen. Das gelingt natürlich nur, mit dem entsprechenden Line-up. Sony bringt deshalb knapp fünfeinhalb Monate nach Release der Playstation 5 exklusiv das Fantasy-Roguelike-Spiel Returnal. Ob der erste AAA-Titel des finnischen Studios Housemarque ein Hit in Dauerschleife ist oder zu viel will, lest ihr in diesem Offtopic-Test zu Returnal.

Absturz als Ende und Anfang

Selene Vassos ist eine Astronautin, die mit ihrem Raumschiff neue Planeten im Weltraum erkunden soll. Wie soll es anders sein, ihr Schiff Helios stürzt ab nachdem sie einem unbekannten Signal auf den Grund gehen möchte. Genau das passiert auf dem feindlich besiedelten Alienplaneten Fischer 265-I Atropos. Von da an wird es spannend.

Selene kriecht geschwächt aus ihrem unwiderruflich beschädigten Raumschiff und macht sich an die Erkundung der neuen Umgebung. Sie ist düster, sie ist mysteriös und furchteinflößend. Schon bald trifft sie auf einen auf einen toten Scout in exakt demselben Raumanzug, den sie trägt. Nicht nur ihr läuft ein Schauer über den Rücken, als sie beim Umdrehen der Leiche auf dem Helm ihren eigenen Namen liest. Kurzerhand nimmt sie ihre eigene Waffe auf und macht sich auf zur weiteren Entdeckung. Keinen Raum weiter muss sie bereits von ihrer Waffe Gebrauch machen und hundeartigen Biestern, die sie mit fiesen Sprüngen und wellenartigen Lasergeschossen attackieren, den Garaus machen.

Schnell gilt es für Selene – und damit für euch – zu lernen, dass nichts wichtiger als die Lernkurve in Returnal ist. Jeder gegnerische Treffer setzt euch schwer zu und die Lebensleiste ist nicht unbegrenzt erschütterlich, ganz im Gegenteil. Und so wie es kommen muss, unbedarft in den Anfängen des Spiels kommt es im ersten Run wenig später zu eurem ersten Ableben. Von nun an beginnt es immer wieder von vorn. Ihr kehrt zurück zu dem Moment, als ihr abstürzt, aus dem Raumschiff klettert und herausfinden wollt, wo ihr seid, was es mit den Erscheinungen auf sich hat und wie ihr diesem Ort entkommen könnt. Mit kleineren Abweichungen in der überspringbaren Introsequenz startet ihr immer wieder am Raumschiff euren Run.

Prozeduralität & mangelnde Duralität

Returnal setzt auf die Rekonfigruation von Levelabschnitten, zufälligen Gegnerkombinationen und losen Platzierungen von Items, Perks, Sammelitems und anderen Effekten. Wann immer ihr einen neuen Run startet, wird das Erlebnis ein anderes sein. Das ist auch bitter nötig, da ihr sehr oft von vorn beginnen werdet. Es wird sich jedoch, trotz so manches Frustmoments, nicht wie ein kompletter Neuanfang anfühlen und das hat unterschiedliche Gründe. Neben dem Abwechslungsreichtum des Leveldesigns haben sich die Entwickler des finnischen Studios Housemarque, die bislang durch ihre arcadigen Spielehits wie Resogun und Alienation zu Ruhm in der Gamerszene gelangten, nicht lumpen lassen, für eine interessante Story zu sorgen. Wo man in ihrem früheren Spielen wenig Raum für eine solche Implementierung fand, bietet die PS5 nun genug Möglichkeiten, um narrativ und technisch alle Visionen des ambitionierten Teams umzusetzen.

Selene wird gefordert, neben allen Ereignissen nicht ihren Verstand zu verlieren. Dies ist in Anbetracht der Umstände ihrer Begegnungen auf Atropos alles andere als leicht gesagt. In den zahlreichen Räumen, die in jedem der sechs Biome wahllos miteinander verbunden sind, bis man über den Level-Boss den Übergang zum nächsten Biom findet, gilt es einiges zu entdecken. Ihr habt die Möglichkeit euch voranzukämpfen und einen Raum nach dem anderen zu säubern. Dabei könnt ihr verschiedene Items aufsammeln, die sich euch von unterschiedlicher Nützlichkeit erweisen werden.

Selenes Konstitution setzt auf verschiedene Bereiche. Da wäre Gesundheit in Form von Unversehrtheit. Diese kann durch Medi-Phiolen und anderen Items aufgefüllt oder ausgebaut werden, sodass ihr bis zu 300% Unversehrtheit besitzen könnt. Daneben gibt es die Leistung, die etwas über eure Befähigung aussagt, euch in der Umgebung zur Wehr zu setzen. Ähnlich wie in anderen Spielen EP, steigt hier die Leistung durch besiegte Gegner und eingesammelte Kalibrator-Items. Je weiter ihr in den Biomen voran kommt, desto höher wird zudem eure Leistungsanzeige steigen, entweder durch Kills, gepickte Items oder durch die automatischen Anstiege, je Biom. Die dritte Kernmechanik des Spiels ist das Adrenalin. Wer Housemarque-Spiele kennt, der weiß, dass Timing-basierte Mechaniken gern in den Bullethell-Titeln der Finnen Anwendung finden. So muss der Adrenalin-Pegel durch das gezielte Ausschalten von Gegnern hochgetrieben werden. Wer das Maximum von Stufe 5 erreicht, wird bis dahin von einigen temporären Verbesserungen profitieren, die euch den Kampf gegen die Aliens erleichtern. Welche das im Detail sind, sei hier nicht verraten. Wir wollen euch zwar einen guten Eindruck vermitteln, aber gewiss nicht den Spaß vorwegnehmen!

Nebenbei könnt ihr euren Waffenschaden, den Schutz oder die Reparatur-Geschwindigkeit vorantreiben. Wem das nicht reicht, kann ebenso die Leistungsrate (Geschwindigkeit der EP-Anstiege) oder die Abklingzeit des alternativen Feuermodus reduzieren verbessern. Dies ist ein besonders cooles Gimmick, denn jede Waffe verfügt über eine besonderen Feuereffekt. Egal ob Zielsuchraketen, an Wänden abprallende Lasergeschosse oder explosive Kugeln, die Variation ist nichts anders als beeindruckend. Auf diese Weise könnt ihr gemäß des Leistungslevels verschieden starke Waffen nutzen und nach Auffinden in Truhen, bei getöteten Gegnern oder von gefallenen Scouts (hierfür ist eine online-Verbindung nötig) für eure Runs einsetzen.

Hier kommen wir auch schon zu einem elementaren Knackpunkt von Returnal. Jede Entscheidung sollte bewusst getroffen werden. Denn nicht jeder Pick ist es wert, dass ihr ein erhöhtes Risiko eingeht, um euer Vorankommen im Spiel zu gefährden. Zu Beginn werdet ihr daher viel lernen und sterben, um später deutlich weiter zu kommen und vor eurem Ableben deutlich mehr Monster ableben zu lassen. Um das zu ermöglichen sind neben den raue Kämpfe erfordernden Räumen auch solche auffindbar, die mit einem blauen Dreieck darauf hinweisen, dass ihr hier nützliche Items wie Medipacks, hilfreiche Perks, die zum Beispiel Abklingzeiten reduzieren oder starke Artefakte, die euch einmalige Vorteile verschaffen, zu craften. Das ist natürlich nicht umsonst und ist für hohe Beträge der Spielwährung Obolit möglich. Diese könnt ihr auf der Map sammeln, durch Gegner „ernten“ oder in Geheimräumen oder durch das Zerschießen von Statuen mit leuchtenden Augen erhalten.

Sonst wären da noch Harze, die ab drei gesammelten Stück eure Unversehrtheit erhöhen. Die auffindbaren Äther dienen zur Reinigung verdorbener Truhen und Items. Auf diese Weise müsst ihr weniger oder keine Negativeffekte in Kauf nehmen, wenn ihr auf gute Perks oder Items hofft. Da Äther aber schwer und nur in geringen Mengen zu bekommen ist, verzichtet lieber auf die ein oder andere Truhe, die euch in Versuchung führt. Für sechs Äther lässt sich auch die Crafting-Maschine des Rekonstruktors aktivieren. Diese erzeugt einen einmaligen Rücksetzungspunkt mit euren aktuellen Items und Perks, solltet ihr sterben. Nach einem weiteren Tod ist aber auch dieser hin. Gut macht es sich darum, wenn ihr auf verschiedene Elemente im Spiel setzt, um möglichst lang durchzuhalten.

Lerneffekte und Überlebensstrategien

Je weiter ihr im Spiel vorankommt, desto mehr werdet ihr über Atropos und auch Selenes Gedankenwelt erfahren. Ihr erlebt die Ursprünge der hochentwickelten Alienrasse und Ausschnitte der persönlichen Vergangenheit eurer Protagonistin. Im Zuge ihrer zunehmenden Wahnvorstellungen trifft sie auch immer wieder auf ihr eigenes Haus, das sie vor ihrer Mission zurückließ. Auch hier gibt es einiges zu entdecken und zu erleben. Denn in jedem Biom kann das Haus erreicht und jeweils einmal erkundet werden.

Das bereits erwähnte Medipack, heißt in Returnal Silphium und lässt sich auch als große Einheit finden. Wer sich für alles wappnen will. Der rüstet sich entweder per Handwerksstation oder zufälligen Loot damit aus und beschafft sich zudem den Astronautenanzug, der eines von vielen Artefakten im Spiel ist. Wer diesen im Inventar eines Runs, bei dem bis zu fünfzehn getragen werden können, kann nach dem Tod am Ort des Ablebens einmal wiederbelebt werden. Insofern sind mit dem großen Silphium nahezu zwei vollständige Lebensleisten für knifflige Räume oder Bosskämpfe nutzbar. Ihr macht diese und viele andere Erfahrungen schnell im Spielverlauf und lernt sie sinnvoll für euch einzusetzen.

Darüber hinaus könnt ihr Parasiten finden, die Fluch und Segen sein können. So gibt es einige, die nach Aufsammeln nur positive Auswirkungen auf eure Statistiken haben, andere haben positive und negative Eigenschaften, die ihr gegeneinander abwägen müsst und andere sind konsequent nachteilig, von denen ihr einige im Spieldurchlauf finden und Abstand zu halten lernen werdet.

Von allem, was ihr während eurer Runs ansammelt, werden euch nach einer Wiedergeburt nur die gesammelten und ungenutzten Äther sowie die Alientechnologien, Schlüssel und Chiffren erhalten bleiben. Im Verlauf der Story kommt ihr nämlich an Stellen, wo ihr Technologie einsammelt, die euch die Level ereignisreicher gestalten. Auf diese Weise kommt ihr weiter voran, an entlegene Ecken der Maps und zusätzliche Informationen. Alles andere müsst ihr euch wieder hart erkämpfen. Das ist Roguelike-gemäß hart, aber auch verdammt spaßig, denn Returnal macht nichts anderes als süchtig. In unserem ersten Test-Durchlauf, der nichts anderes als ein „Herantasten“ ans Spiel sein sollte, endete die Session erst nach ca. 7h Dauergefecht, was wohl viel über das Spiel und die fesselnden Mechaniken sagt.

Das ist auch deshalb bemerkenswert, da ein Roguelike per se keine Schonkost ist. Zudem kommt, dass Sony es versäumt hat, medienwirksam den hohen Schwierigkeitsgrad des Spiels zu bewerben und stattdessen die PS5-Exklusivität fokussierte. Wer sich also mit regelmäßigen Frustmomenten arrangieren kann und die vielen Stärken des Spiels kennenlernen möchte, der sollte sich einlassen, auch wenn es manche Balancing-Entscheidungen des Spiels schwer machen zu verstehen, warum man so früh erneut hat ins Gras beißen müssen.

Technik & Sound auf Augenhöhe

In Returnal bekommt ihr nicht nur spielerisch verdammt viel geboten, sondern auch technisch und auditiv. Was bislang und vor allem in der Old-Generation PS4 und Xbox One noch nahezu unmöglich war, soll hier endlich Realität sein: eine 4K UHD Auflösung, HDR, 60 Bilder pro Sekunde, Ray-Tracing: alles verpackt in einem Exklusivspiel namens Returnal. Dies ist deshalb so brachial gut, weil sich kein einzelnes dieser vielen herausragenden Technikelemente hinter einem anderen verstecken oder durch ein weiteres kompromittiert werden muss. Ganz im Gegenteil, Returnal schafft ein technisch starkes Ensemble, das in nahezu 99% der Spieleinheiten komplett fehlerfrei und technisch hochpoliert präsentiert wird.

Zusätzlich schaffen es Housemarque, der Playstation 5 einen der ersten Exklusivtitel zu spendieren, der die maximalen Vorzüge des Dualsense-Controllers ausreizt. Egal ob haptisches Controller-Feedback, eine Doppelbelegung der adaptiven Schultertasten für die zwei alternativen Feuermodi oder der Controller-Lautsprecher bis hin zum Spüren von Regentropfen, hier ist großes Kino zum Fühlen geboten.

Als wäre das noch nicht überzeugend genug, ist feinstes 3D-Audio, wie es Sony für seinen neuen Leistungsträger bewirbt, mit von der Partie. Wer in schaurigen Momenten alle Sinne über Board werfen will, der hört hier genau hin. Der starke Soundtrack kommt mit unzählig feinen Nuancen daher und erschüttert eindringlich. Egal ob Wetterwechsel, Gewitter, lähmende Gegnerangriffe oder brutale Bosskämpfe, die Audiospur ist in Returnal immer on point. Wessen Ohren bei diesen Worten klingeln, der sollte schleunigst sein 3D-Headset aufsetzen (Wir haben mit dem originalen Sony Playstation 5 Wirless 3D Headset gespielt, empfehlen aber auch das Steelseries Arctis 7p.) und sich den Aliens entgegenstellen.

FAZIT:

Housemarque haben sich mit Returnal nicht nur an ihr AAA-Debüt, sondern direkt an einen Exklusivtitel für die neue Konsolengeneration mit der Playstation 5 gewagt. Eine ins Mark vordringende Geschichte, ein höllisch gutes Gameplay und eine Technik, die euer Heimkino von der Wand reißt sorgen dafür, dass dieser Roguelike-Action-Blockbuster trotz seiner enormen Schwierigkeit und einiger Balancing Abstriche pure Suchterscheinungen erzeugt. Wer Returnal einmal ausprobiert hat, kann nicht anders, als in den nächsten Zyklus zurückzukehren.

PRO
geniale Gameplay-Schleife
eindringlich-packende Story
fantastischer Soundtrack
übermächtige Technik

CON
erschaudernder Schwierigkeitsgrad
z.T. frustrierendes Balancing

Grafik: 9.5
Sound: 10
GESAMT: 9.5

verfasst von „Maik“

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Letzte Aktualisierung: 08.05.2021, 20:10 Uhr