„The Pillars of the Earth“ ist ein 2D Point’n’Click Adventure mit einer dichten Story und Atmosphäre. Die solide Untermauerung durch Ken Folletts Romanvorlage bietet eine dramatisch, düstere und historisch eingebettete Geschichte mit fantastisch gezeichneten Charakteren, die dadurch aber auch stets linear bleibt, so dass die Entscheidungen des Spielers während der 20-stündigen Spielzeit keine weitreichenden Folgen haben. Die Zeichnungen sind erster Güteklasse, wobei nicht jeder mit dem altmodischen Look, der an ältere Genreklassiker erinnert, klarkommen wird. Akustisch wird mit dem perfekt passendem Score und der soliden Synchronisation der meisten Bildschirmtexte hochwertige Kost geliefert. Einzig der viel zu geringe Anspruch bei Rätseln und Gameplay sowie einige Programmier-Bugs trüben den Gesamteindruck. Wer sich an den dicken Wälzer nicht rangetraut hat, bekommt mit dem Spiel eine gute Alternative.
Spieletest: The Pillars of the Earth NSW
Weitere Infos
Releasedate:1. März 2023




Mögliche Spielmodi: Handheld-,TV-,Tischmodus
Anzahl der Spieler: 1
Leser-Meinungen: Noch keine
Specials: keine
Plus / Minus
- Positiv:
- Sehr intensive und authentische Geschichte
- Schöne Zeichnungen durch alle Jahreszeiten
- Fairer Einkaufspreis
- Negativ:
- Zu geringer Gameplayanspruch
- Störende Bugs
Die Deutschen lieben Ken Folletts „Die Säulen der Erde“ – einen dicken historischen Schmöker. Die Deutschen lieben auch Point’n’Click Adventures – ein sich tapfer haltendes Nischengenre. Bastei Lübbe gibt Folletts Bücher heraus und hält Anteile an Daedalic Entertainment, dem Point’n’Click-Pionier unseres Landes. Da muss man ja nur eins und eins zusammenzählen, um sich auszurechnen, was nun folgt. 2017 erschien ein von der Kritik wohl aufgenommenes Game, welches nun auf die Switch portiert wurde. Ob sich ein Kauf von „The Pillars of the Earth“ heute, sechs Jahre später, noch lohnt klärt der Nintendofans.de-Test!
Düster, bitter und ernst
Wer bei Daedalic Entertainment an die preisgekrönte Deponia-Reihe denkt und mit diesem Bild „The Pillars of the Earth“ startet, wird einen Punch erleben, mit dem man so (schnell) nicht gerechnet hätte. Die Optik des Spiels ist düster, malerisch, aber trostlos und unheimlich schwer. Die Gesichter der Protagonisten sind abgekämpft, erzählen von einem beschwerlichen Weg, über den der Spieler nichts zu wissen braucht, weil alles unausgesprochen in der Luft hängt. Tom Builder kampiert mit seiner kleinen Familie im winterlichen Wald. Dem Spieler wird sofort klar, dass das kleine, zu entfachende Lagerfeuer die Familie emotional aufbauen soll, es aber keine echte Wärme bringen wird. Viel zu kalt, nass und verschneit ist die Umgebung. Zudem ist Toms Ehefrau hochschwanger, die Stimmung gereizt. In diesem Ambiente beginnt sich der Spieler mit den Mechaniken des Spiels vertraut zu machen. Die Steuerung geht dabei extrem leicht von der Hand, die Entwickler haben sich Mühe gegeben, den Fluss der Story nicht zu behindern und so entsteht ein sehr praktikables Interface. Doch egal wie man sich als Spieler anstellt, ist das nun folgende Trauerspiel nicht mehr aufzuhalten. Tom Builders Frau kommt hernieder, doch verstirbt bei der Geburt und bei der Familie, wie auch dem Spieler bleibt ein beklemmendes Gefühl zurück. Eins was sagt, dass es in so schweren Zeiten Opfer zu bringen, aber durchzuhalten gilt. Nach diesem Intro ist es quasi unmöglich den Controller wegzulegen, der Spieler ist gefangen in der unheimlich dicht erzählten Geschichte, welche sich sehr genau an die Vorgaben des Originals hält. Der Spieler erlebt, wie im Buch, die Geschichte einiger Protagonisten aus deren Sicht mit, wobei der Mittelpunkt des Ganzen, wo die einzelnen Handlungen zusammenlaufen, die zu bauende Kathedrale darstellt. Es ist eine sehr linear erzählte Geschichte, die man nur marginal beeinflussen, aber nie gänzlich verändern kann. Insofern unterscheidet sich das Spiel sehr von den Telltale-Games, bei denen es schwere Entscheidungen zu treffen galt, die über Leben und Tod entscheiden konnten. Nichtsdestotrotz ist es keine schlechte Entscheidung von Daedalic gewesen, denn diese Story trägt das Konzept erfolgreich und spannend bis zum Abspann.
Die Hauptgeschichte wurde in „drei Bücher“ unterteilt, die 2017 noch nacheinander erschienen und erst mit Erscheinen des dritten Buches am Stück genossen werden konnte. Switch-Spieler können nun von Beginn an in den Genuss des großen Ganzen kommen. Hungersnöte, politische Intrigen, Machtkämpfe und der pure Wille des Überlebens und der Selbstverwirklichung sind zentrale Themen der, zwar am Rand fiktiven, aber im Kern historisch dokumentierten Geschichte.
Alte Schule oder doch nicht?
Optisch ist Daedalic Entertainment nicht weniger als ein kleines Meisterwerk gelungen. Das gesamte Spiel ist in handgemalter 2D-Optik gehalten, wie man es aus Point’n’Click Adventures der 90er kennt. Im Gegensatz zu Baphomets Fluch und Curse of Monkey Island aber, wird man hier nicht von den vielseitigen Farben des Regenbogens, sondern von einer düsteren Palette von schwarz, grau zu dunkelbraun begrüßt. In späteren Abschnitten sieht das schon ganz anders aus und Kingsbridge erstrahlt im Laufe der Monate und Jahre in verschiedenen Jahreszeiten auch farbenfroh und in voller Blüte. Es ist schlichtweg herrlich den Figuren beim Altern zuzusehen und immer weiter in ihre authentische und nachvollziehbare Geschichte einzutauchen. Auch wenn die Nebenfiguren teilweise weniger detailreich, fast schon skizzenhaft dargestellt werden, fügen sich diese ins gesamte Ambiente ein und fördert die Metaebene – man solle sich doch auf das Wesentliche konzentrieren.
Die Bewegungen der Figuren wirken für heutige Augen vielleicht etwas hakelig und hölzern, in den Augen des Kenners werden jedoch Erinnerungen an die gute alte Zeit des Genres geweckt. Das fügt sich auf geniale Weise in das Mittelaltersetting ein und erzeugt das Gefühl einer interaktiven Grafic Novel aus einer längst vergangenen Zeit. Es entsteht ein wahrlicher Sog, der durch die orchestrale Unterstützung noch runder und stimmiger gemacht wird.
Leider findet die Ernsthaftigkeit der Geschichte und der Präsentation kein Äquivalent im Gameplay. Es hätte sich angeboten, die Schwere und die Dramatik der Geschichte auch in Rätseln und Spielabläufen zu etablieren, stattdessen sind echte Herausforderungen spärlich gesät und das gesamte Spiel konzentriert sich auf das Voranbringen der Erzählung. Point’n’Click-Veteranen werden hier fürwahr unterfordert sein, woran auch die Quicktime-Events nicht viel zu ändern vermögen.
Ausgeglichen wird dieser Umstand durch eine standesgemäße Synchronisation. Nur ein geringer Teil der Bildschirmtexte muss nämlich selbst gelesen werden, da das Meiste solide eingesprochen wurde. Bei einigen Nebenrollen hätte man sich bei den Betonungen mehr Mühe geben können, aber man ist aus den 90er Adventures auch schon wesentlich Schlechteres (wenn auch Besseres) gewöhnt.
Ärgerliche Bugs
Die bisherigen Zeilen betonten immer wieder die dichte und düstere Atmosphäre. Da ist es etwas ärgerlich, dass diese hier und da von Programmierfehlern getrübt wird. Direkt zu Beginn des Spiel begab es sich nämlich, dass bei einem Bildschirmwechsel fast der gesamte Screen schwarz blieb. Bis auf einige Interaktionshinweise. Ein Neustart vom letzten automatischen Speicherpunkt brachte keine Veränderung und so musste auf einen manuellen Speicherstand zurück gegriffen werden. Hätte man diesen nicht gehabt, wäre ein Neustart des Spiels von Nöten gewesen. Auch im Gespräch mit den NPCs kann es zu störenden Interaktionen kommen. Teilweise verschwinden sie kurzzeitig einfach vom Bildschirm, um eine Sekunden später wieder aufzuploppen oder verweigern die programmierte Antwort, wodurch ein Vorankommen unmöglich gemacht wird. Hin und wieder macht das einen Neustart vom letzten Save-Point notwendig, wobei es hilft, dass das Spiel so häufig von alleine speichert. Wie man sich denken kann, ist dies zwar kein riesiges Problem, aber der Immersion ins Spielgeschehen nicht gerade zuträglich. Wer es noch von früher gewöhnt ist alle paar Minuten manuell zu speichern, der ist mit diesem Skill bei „The Pillars oft he Earth“ gut beraten. Insgesamt betrachtet bleibt es aber bei einem gut gemachten Spiel mit Abzügen in der B-Note.
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Vielen Dank an die Firma Daedalic Entertainment für die Bereitstellung des Testmusters.
Letzte Aktualisierung: 13.April.2023 - 11:39 Uhr