LEGO Bricktales wirkt zweifelsohne ambitioniert, gerät aber bei der Umsetzung der so wichtigen Builder-Mechanik bereits von Anfang an ins Straucheln. Eine hakelige Kameraperspektive, eine beeinträchtigte Dreidimensionalität und kaum Hinweis-gestützte Konstruktionsaufgaben können gerade bei jüngeren Spielern für Sorgenfalten statt Spielspaß sorgen. Die seichte Abenteuergeschichte über abwechslungsreiche Biome ist nett, kann jedoch mit der nennenswerten Konkurrenz an LEGO-Lizenz-Spielen nicht ansatzweise mithalten.
Spieletest: LEGO Bricktales NSW
Weitere Infos
Releasedate:12. Oktober 2022




Mögliche Spielmodi: Handheld-,TV-,Tischmodus
Anzahl der Spieler: 1
Leser-Meinungen: Noch keine
Specials: keine
Plus / Minus
- Positiv:
- Tolle LEGO-Plastizität
- Interessantes Diorama-Konzept
- Spannende Constructor Grundlagen
- Negativ:
- Kamera hakelig
- 3D-Building nicht intuitiv
- Mangel an Hilfestellungen
- Story zu flach
Mit LEGO Bricktales versucht das weltweit beliebte Bausteinunternehmen LEGO im Gaming-Bereich neue Wege zu gehen, nachdem die Franchise-Spiele seit Jahren erfolgreich angenommen werden. Ob der Versuch, stärker auf Bausimulationen einzugehen geglückt ist, verrät euch diese Review.
Der zerstreute Professor
Der Aufhänger des Spiels wird nach einer minimal zu langen Ladesequenz sofort eröffnet: Euer Großvater, ein genialer Wissenschaftler und Tüftler, der in einem Freizeitpark – wo auch sonst – seine Werkstatt hat, hat ein Portal geschaffen, um zu anderen Orten zu reisen. Da er, etwas tüdelig, zu Beginn des Spiels seine Maschinen etwas überfordert, müsst ihr zur Hilfe eilen und lernt sogleich, worauf es im Spiel ankommt: grundlegende Steuerungsmechaniken eines Action-Adventures beherrschen und Objekte in einem Builder zu (re-)konstruieren. Ihr sollt dem Erfinder helfen, das Portal wieder zum Laufen zu bekommen. Das tut ihr mit einer Alientechnologie, die ihr zu Spielbeginn findet. Da sie jedoch Energie benötigt, müsst ihr hierfür Kristalle beschaffen, die ihr wiederum von NPCs im Spiel erhaltet, denen ihr durch euer Zutun weiterhelft oder sie gar rettet.
Durch die Biome
Das Spiel führt euch insgesamt durch 5 verschiedene Biome, plus den Freizeitpark samt Werkstatt. Dabei sind die Biome, wie eine Burg, eine karibische Insel oder eine Wüste, als Diorama aufbereitet. Dies sollte einigen von euch zumindest von Captain Toad: Treasure Tracker bekannt sein. Ihr könnt euch durch normale Control-Steuerungen über den Würfel bewegen und müsst dabei die zugegebenermaßen recht starre Kamera bewegen. Tut ihr das nicht, kann eure Spielfigur schon einmal verschütt gehen, da es bei Objektüberlagerungen keine Transparenz der Objekte gibt. Auch die Nutzbarkeit des Touchscreens hilft hier leider zu wenig.
In jedem Biom müsst ihr fortan verschiedene Aufgaben meistern, um den Akteuren zu helfen. Zu Beginn verschlägt es euch beispielsweise in einen Dschungel, indem ihr auf eine motivierte Archäologin trefft, die euch zufälligerweise eine Peitsche als hilfreiches Gadget überreicht. Ihr sucht aber auch eine Flugzeugbesatzung und helft an allen Ecken und Enden, womit wir schon zur Kernmechanik des Spiels kommen.
Der LEGO Builder
Die Kernidee von Bricktales ist es, möglichst lebendige Geschichten in einer LEGO Aufmachung mit strukturbildenden Konstruktionen zu verknüpfen. So wird euch bereits in der Werkstatt des Großvaters alles wesentliche erklärt. Ihr dürft aus einem vorgegebenen und mengenmäßig aufsummierten Katalog von Steinen eine Aufgabe angehen. Anfangs sind dies Dinge wie Treppen, schnell geht es aber auch an Brücken, Rampen, stabilisierende Pfeiler und vieles mehr. Dabei müsst ihr zum einen mit der Kameraperspektive arbeiten, die leider doch recht unintuitiv agiert, obwohl ihr mit den Schultertasten hinein- und herauszoomen könnt. Mit dem rechten Stick dreht ihr das Gebilde, ebenso wie in den Dioramen. Durch andere Eingaben könnt ihr Steine aufeinander setzen, sie von unten anbringen oder verschieben. Leider wird die dreidimensionale Handarbeit in der zweidimensionalen Darstellung der Switch nur bedingt dem Anspruch gerecht, einen eingängigen Builder bereitzustellen. Obwohl der Entwickler ClockStone, der auch für den Bridge-Constructor verantwortlich zeichnet, am Werke war, ist in vielen Aufgaben eine Menge Geduld wie stupides Trial and Error erforderlich.
Das ist aus zweierlei Gründen bedauerlich. Zum einen, weil die LEGO-Konstruktionen Kernmechanik von Bricktales sein sollen, die akkurate Platzierung von Bauelementen nicht problemfrei funktioniert und gleichzeitig der Anspruch einer möglichst realistischen und plastischen Abbildung eines Aufbaus vermittelt wird. Denn wann immer ihr etwas erstellt, was zur Lösung einer, zumindest grob definierten Aufgabe dienen soll, muss am ende ein Simulationstest bestanden werden, indem ein Roboter euer Bauwerk passiert. Dieses muss mühelos überquert werden, ohne dass es Schaden nimmt. Leider schafft es das Spiel an dieser Stelle nicht, dem Spieler mit Hinweisen unter die Arme zu greifen, wenn systematische Baufehler auftreten. Das ist jedoch aus unserer Sicht zwingend erforderlich, wenn man für ein USK 12 Spiel bei der Zielgruppe definitiv auch Kinder einbezieht. Durch dieses Versäumnis kam es auch in unserem Test zu Aufgaben, in denen erwachsene und spielerfahrene Personen 20 Minuten ungläubig auf den Bildschirm starten, weil das Rätsel einer zu bauenden Brücke mit einer geringen Anzahl an Steinen einfach schlecht beschrieben und angeleitet war. Hier kann es bei Kindern noch viel eher zur Frustration und Beendigung des Spiels führen. In Anbetracht des Preises von 29,99€ zumindest für Eltern ein schmälerndes und riskantes Zwischenfazit.
Technik & Performance
In unserem Test haben wir natürlich auch die Performance unter die Lupe genommen. Schnell ersichtlich war, dass die Leistung bereits in kleineren Interaktionen schwächelt und von 60 auf unter 30 Bilder pro Sekunde fällt. Häufig hatten wir bei der Bewegung über die würfelartigen Biome den Eindruck, dass unsere Spielfigur beim Laufen an Microlags litt. Das störte das Spielgefühl der sonst wunderbar inszenierten Umgebungen. Die Ladezeiten wurden bereits eingangs erwähnt, Sie dauern nach unserem Geschmack einen Ticken zu lang, wenn man die geringe Menge an Texturen ins Verhältnis setzt.
Die Soundkulisse
Von Soundtrack kann bei Bricktales nur bedingt gesprochen werden, eher von einer Soundkulisse, begleitenden Melodien und Soundeffekten. Begeistern konnten uns diese jedoch nicht, da sie häufig repetitive Erscheinungen waren und gerade in der Builder-Animation zu wenig Abwechslung angeboten wurde. Eine Synchronisation gibt es nicht, dafür aber deutsche Bildschirmtexte.
Plastizität und Konfigurierbarkeit
Die Designs und Artworks sind LEGO-gemäß gut gelungen. Hier ist ersichtlich, dass der Publisher Thunderful das reichhaltige Repertoire an Assets aus früheren LEGO-Franchise-Titeln zumindest in den Entwicklungsprozess einbezogen hat. Die Objekte sehen allesamt aus, als könne man sie im realen Wohn- oder Kinderzimmer nachbauen. Das sorgt für einen hohen Identifikations- und Nostalgiefaktor, weshalb wir uns gut vorstellen können, dass der ein oder andere Spieler die Switch zur Seite und die LEGO-Kiste hervorholen möge.
Gut gefallen hat uns auch, dass euch von Spielbeginn an ein reichhaltiges Set an Figurenkomponenten zur Verfügung steht. Natürlich werden diese mit dem Spielverlauf noch erweitert, aber ihr müsst euch zumindest nicht zum Start zwischen 3 Köpfen, Farben und Stilen entscheiden. Wir haben beispielsweise einen Piratenkopf mit Augenklappe mit einer 80er Jahre Dauerwelle geschmückt, einen Halloween-Rumpf darunter getan und mit einer buten Hose versehen. Da dies aber nur kleinere Spielereien sind, führen sie zu ein paar fröhlichen Momenten, aber keiner signifikanten Wahrnehmungsänderung des Gesamtspiels.
Dies gilt auch für den Sandbox-Modus. Dieser wird aktiviert, sobald ihr eine Aufgabe erfolgreich meistert. Wollt ihr also eine stabil erzeugte Hängebrücke im Nachhinein verschönern, so dürft ihr dies fast nach Herzenslust tun. Denn auch für den Sandbox-Modus gibt es ein paar Freischaltungen im Spielverlauf. Auf jeden Fall stehen euch aber diverse Steinvariationen und mehrere Farboptionen zur Verfügung. Fraglich ist hier aber womöglich, wie intensiv der Modus genutzt werden sollte, wenn die Story bereits voranschreiten kann, nachdem zügig eine funktionale, aber gewiss nicht ästhetische Konstruktion erzeugt wurde. Die Relevanz könnte auch hier weniger für die Zielgruppe Kinder gegeben sein, sondern eher für perfektionistische Erwachsene, die auf Biegen und Brechen ein imposant-stimmiges Gesamtbild ihres Diorama-Würfels erzeugen möchten.
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Vielen Dank an die Firma Thunderful Games für die Bereitstellung des Testmusters.
Letzte Aktualisierung: 12.Oktober.2022 - 13:37 Uhr