Killerspielartikel in der Videospielfachpresse

Killerspielartikel in der Videospielfachpresse


Videospielmagazine sind schuld an der Verbreitung der „Killerspiele“!

Eine unsinnige Behauptung, denkt ihr? Blödes Geschwätz von Stoiber, Beckstein, Pfeiffer & Co.? Dann lest das nächste Mal ganz bewusst die Artikel zu bestimmten „Ballerspielen“. Ihr werdet feststellen, dass die von den Redakteuren verwendete Sprache oftmals stark gewalthaltig ist. Und es erscheint logisch, dass solche Artikel interessanter – weil spannender – sind als solche, die eher neutral geschrieben sind und ohne die Darstellung von Gewaltakten auskommen. Nun stellt sich dabei die Frage, ob sich dies nicht wiederum positiv auf die Spiel- bzw. Kaufentscheidung seitens der Leser auswirkt. E voilà – schon wären Videospielfachzeitschriften in beträchtlichem Maße für die Verbreitung von „Killerspielen“ verantwortlich.

Immer noch Unfug, meint ihr? Dann begleitet mich zu den zentralen Ergebnissen meiner Bachelorarbeit „Killerspielartikel in der Videospielfachpresse – zur Wirkung gewalthaltiger Texte“ an der Universität Augsburg. Dazu bekamen Gymnasial- und Hauptschulklassen (9. Jahrgangsstufe) jeweils einen „Gewaltartikel“ und einen neutralen Artikel zum selben Spiel zu Bewertung.

Inhaltsebene:
- In allen untersuchten Artikeln fand sich gewalthaltige Schriftsprache; in sechs von zehn Artikeln lag der Anteil der „Gewaltsätze“ an der Gesamtanzahl der Sätze bei über 50%
- Mehrheitlich ist jedoch der instrumentelle Charakter der Gewalt gekennzeichnet, sprich: Es wird nicht zum Spaß getötet, sondern um ein Ziel zu erreichen (z.B. das Level zu meistern)
- Die bloße Anzahl der Gewaltsätze gibt noch keinen Aufschluss über die Intensität der darin behandelten Gewalt
- 90% der Artikel beschreiben die Gewalt aus sich des Täters. Eine Opferperspektive ist meist nicht gegeben. Dies verhindert wiederum Empathie (= Hineinfühlen in den Spielcharakter), denn Gewalt wirkt dann am besten, wenn sie aus der Sicht des Opfers gezeigt wird
- In nur 20% der gewalthaltigen Sätzen ist eine bewusste Einflussnahme (positiv oder negativ) seitens des Redakteurs ersichtlich und somit keine objektive Beschreibung der Gewaltszenen gegeben

Wirkung auf die Leser
- Gymnasiasten spielen häufiger Videospiele und lesen eher die entsprechenden Fachzeitschriften als Hauptschüler – egal ob männlich oder weiblich
- Jugendliche, die den „Gewaltartikel“ lasen, waren eher bereit das „Killerspiel“ zu kaufen als diejenigen, die die neutrale Varianten gelesen hatten
- Vor allem männliche Hauptschüler ließen sich im Vergleich vom gewalthaltigen Text weitaus stärker beeinflussen und waren demnach eher bereit, das Spiel zu spielen bzw. zu kaufen
- Insgesamt bewerteten alle Schüler, egal welcher Schulart, den „Gewaltartikel“ als „besser“ (spannender, abwechslungsreicher, unterhaltsamer usw.) als den neutralen Text
- Artikel mit Gewalt wurden von den Schülern als „überzeugender“ angesehen; damit haben die Redakteure unmittelbaren Einfluss auf die Spiel- und Kaufentscheidung der Leserschaft
- Die Leser von Videospielzeitschriften richten sich stark an der Bewertung und Meinung des Redakteurs aus
- Hauptschüler treffen ihre Spiel- und Kaufentscheidungen weniger durch das Lesen von Zeitschriften als durch das Informieren im eigenen Freundeskreis, in dem es Meinungsführer gibt, die bestimmen, was „cool“ ist

Ihr seht, so ganz an den Haaren herbeigezogen ist die oben geäußerte Behauptung keineswegs. Es ist durchaus eine gewisse Beeinflussung der Leser durch gewalthaltige Texte gegeben. Und auch von einer sachlichen, objektiven Berichterstattung seitens der Redakteure kann bisweilen nicht die Rede sein.

Wer alles ganz genau nachlesen will, kann sich hier die Bachelorarbeit (Note: 1,0) herunterladen. Sie ist ebenfalls auf dem Portal des E-Journals „w.e.b.Square“ der Professur für Medienpädagogik an der Universität Augsburg zu finden: http://www.websquare.info/node/71

verfasst von „Dominik A. Hahn“

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Letzte Aktualisierung: 15.12.2009, 0:58 Uhr