Ring of Fates - das neue Secret of Mana?

Ring of Fates - das neue Secret of Mana?

Ich brauche Hilfe. Seit nunmehr vierzehn Jahren suche ich nach einem Action-Adventure, das Secret of Mana ebenbürtig ist. Darunter verstehe ich nicht eine spektakulärere Grafik (was leicht zu bewerkstelligen wäre), sondern ein fesselndes Abenteuer mit Waffen, Magie und vor allem einem simultanen Mehrspielermodus für mehr als zwei menschliche Spieler. Ich habe mich an Seiken Densetsu 3 (entspricht „Secret of Mana 2“) versucht, das aber nur in Japan erschienen und wie Sword of Mana bloß für zwei Spieler ausgelegt ist. Dawn of Mana für die PlayStation 2 bietet noch weniger Substanz als das recht eintönige Children of Mana für den DS, und das kürzlich erschienene Heroes of Mana erfreut vornehmlich Strategen. Ich brauche Hilfe.

Oh, Nostalgie!

Nach was genau sehne ich mich eigentlich? Sicherlich spielt der Nostalgie-Faktor eine wichtige Rolle. Wie ich mit dem Jungen, der frechen Koboldin und der Blondine durch unvergessliche Orte wie Pandoria, Tasnica oder Goldstadt schlenderte oder mich durch den Elfenteich oder den Versunkenen Kontinent kämpfte, hat sich tief in mein Gedächtnis gebrannt. Das ist auch wenig verwunderlich, wenn ich bedenke, wie viele Stunden ich damit verbracht habe, durch unermüdliche Kämpfe auf den Schicksalsbergen oder in der Manafestung alle drei Charaktere auf Level 99 sowie alle Zauber und einige Waffen auf die Stufe 8:99 zu bringen. Das müssen weit über einhundert Stunden gewesen sein. Das ominöse Rubindiadem, was wohl immer noch als das meistgesuchte Item der Videospielgeschichte gilt, hat auch mich in den Goldrausch versetzt. Bisher gibt es trotz vieler Gerüchte keinerlei Beweise dafür, dass es auf „legale“ Weise im Spiel zu finden ist. Das Total!-Magazin hat seinerzeit in der Tipps-und-Tricks-Kategorie den angeblichen Fundort preisgegeben. Nach stundenlangen Scharmützeln will man es in einem der letzten Räume des finalen Dungeons gefunden haben. Jaja, ein Gegner hinterlasse es dort. Selbst nach fünf Stunden Manafestung ist es mir nicht in die Hände gefallen – und ich schätze einfach mal: allen anderen auch nicht. Mit melancholisch getränkten Worten muss ich gestehen, dass mich seitdem kein Spiel mehr so sehr in seinen Bann gezogen hat. Schluchz.

Doch dann: Hoffnung am Horizont – und zwar am östlichen, dort wo die Sonne aufgeht. Man kann sagen, dass mich die Suche soweit getrieben hat, dass ich mich dazu entschlossen habe, ein Action-Adventure aus Japan zu importieren, dessen vollständiger Titel „Final Fantasy: Crystal Chronicles: Ring of Fates“ lautet. „Dass mit dem Japanisch wirst du als Japanologe schon deichseln“, habe ich mir gedacht, „und deine Sprachpartnerin Kayoko wird dir zur Not aus der Patsche helfen.“ Und tatsächlich: Das meiste habe ich wirklich verstanden, vieles konnte ich aus dem Kontext erschließen.

Von Zwillingen und blutroten Steinen

Die Spielumgebung war mir zudem aus dem GameCube-Vorgänger „Crystal Chronicles“ bekannt, das seinerzeit mit mehreren Spielern nur mit viel Peripherie zu genießen war. Jeder weitere Mitspieler benötigte zwingend einen Game Boy Advance samt Verbindungskabel zum GameCube. Nintendo war viel daran gelegen, die Stärken von GBA und GameCube im Projekt „Connectivity“ zusammenzubringen. Wirklich durchgesetzt hat sich dieses Konzept aber nicht. Wie bei den Spielewürfel-Chroniken greift auch Ring of Fates auf die eingebürgerte Standard-Ansicht für Action-Adventures zurück: die isometrische Vogelperspektive. Glücklicherweise muss man im Gegensatz zum Vorgänger keinen Kristallpokal mehr herumschleppen, um sich vor der bösen Miasma-Atmosphäre zu schützen, sondern kann sich frei in der Landschaft bewegen. Auch die unterschiedlichen Völker werden Fans sofort wieder erkennen: die hoch gewachsenen Yukes, die Natur liebenden Selkie, die niedlichen Lilty und die menschenähnlichen Cravates. Letzterer Gruppe gehören die Protagonisten von Ring of Fates an. Das Zwillingspärchen Yuri und Chelinca wird plötzlich in den Kampf gegen eine Welt umfassende Bedrohung involviert. Der Hintergrund: In regelmäßigen Abständen kommt es zu einer gefährlichen Konstellation der Himmelsgestirne, bei der sich der Mond blutrot färbt. Die auf der ganzen Welt verstreuten klaren, heiligen Kristalle, sollen den Planeten eigentlich vor dieser hochenergetischen Zauberstrahlung schützen. Doch anstatt dessen laden sich die Kristalle selbst auf und erstrahlen in leuchtendem Rot. Böse Mächte wollen diese Macht nun für sich nutzen, um über die Welt zu herrschen. Ein Glück, dass in den Zwillingen versteckte Kräfte brodeln. Zusammen mit ihren treuen Freunden machen sich die Kinder auf, den Schurken das Handwerk zu legen. Die gesamte Story ist mit Wendungen gespickt und hält wirklich atemberaubende, rührende Momente bereit, welche die Charaktere schnell ans Herz wachsen lassen. Für mich zeigt sich hier wieder, dass trotz fehlender High-End-Technologie bei der Präsentation eine emotional fesselnde Geschichte mit glaubhaften Charakteren erzählt werden kann. Was die Grafik nicht hergibt, spielt sich in meinem Kopf ab – eine intensive Narration!

Ihr marschiert in variierender Besetzung durch die Dungeons, die ihr nach und nach über eine Landkarte auswählt. Wenn ihr nicht gerade damit beschäftigt seid, eure Waffen den Monstern um die Ohren zu schlagen, löst ihr recht konservative, Genre-typische Rätsel. Wesentliche Elemente der Levels sind magische Schalter oder Hebel, die bei Berührung oder magischem Zutun Türen öffnen oder andere Mechanismen in Gang setzen, die die individuellen Fähigkeiten eines Party-Mitglied abverlangen. Daneben benötigen einige Sockel spezielle Schlüssel, die sich entweder an abgelegenen Orten befinden oder von dem letzten Gegner im Raum fallen gelassen werden. Die als Schlüssel fungierenden Steinplatten werden dann beidhändig zu den Sockeln getragen - in dieser Zeit könnt ihr keine Waffe bei euch führen. Für frischen Wind im Genre sorgen die zahlreich eingestreuten Jump´n-Run-Abschnitte, die euch über feste oder sich bewegende Plattformen führen. Die Größe der Verliese lässt aber oft zu wünschen übrig. Manchmal war ich trotz gemütlichen Stöberns und ausgiebigen Kämpfens schon nach rund dreißig Minuten beim Endgegner. Einige mehrere Räume einbeziehende Rätsel oder die Treffen mit den Mogrys bringen den Durchmarsch erfreulicherweise ins Stocken. Die niedlichen Kreaturen fungieren als eine Art Wegbegleiter: Gerade zu Beginn erklären sie euch die grundlegende Steuerung, oder fordern euch zu belanglosen Kutschenrennen heraus, die grafisch eher an die ersten Super-Nintendo-Spiele erinnern.

Dementsprechend fällt der Umfang für ein Spiel der Marke „Final Fantasy“ recht gering aus: Nach nur etwa acht bis zehn Stunden seid ihr durch. Das Spiel ist aber darauf ausgelegt, dass ihr euch ein zweites oder sogar drittes Mal ins Abenteuer stürzt. Ihr behaltet nach dem Abspann alle Items und Rüstungen, die ihr am Ende des vorherigen Durchlaufs besaßt. Neben stärkeren Gegnern erwartet euch auch ein ganz neues Dungeon. Für Europa sind überdies noch zusätzliche Levels geplant. Ich bin natürlich gespannt, welche Ideen Square-Enix für unseren Kontinent bereithält. Beim Inhalt ließen sich jedenfalls noch ein paar Schüppen drauflegen, die Steuerung soll, ganz nach dem „Du darfst“-Motto, so bleiben wie sie ist.

Mit Mantel, Schwert und Zauberstab…

Ring of Fates ist ein Action-Adventure, in dem gekämpft wird – ziemlich viel sogar. Und wie bei Secret of Mana finden die Waffeneinsätze nicht rundenbasiert, sondern in Echtzeit statt. Kurzum: Ihr drückt A und euer digitales Ich teilt aus. Yuri ist ein Meister in der Schwertkunst, der Yuke Alhanalem schwingt den Zauberstock, unser Waldmensch Narsh setzt sich mit Pfeil und Bogen zur Wehr und die oder der niedliche Meeth (im Original: „Miisu“) prügelt mit dem Rührstock seines Zaubertopfes auf aggressives Gesindel ein. Da ich Yuri für den wohl stärksten Charakter halte, möchte ich euch zunächst seine Steuerung vorstellen, die ich für sehr gelungen halte und die mich teilweise an Secret of Mana erinnert. Warum? Mit dem A-Knopf lässt sich der Schlag aufladen. Je länger ihr das Knöpfchen gedrückt haltet, umso wirkungsvoller fällt der Schwertstreich aus. Hat die Attacke ihre maximale Kraft erreicht, zückt Yuri das Schwert, hält es einen Moment in die Luft, um es dann mit gewaltiger Wucht auf den Feind niedergehen zu lassen. Das raubt zwar einige Special Points (SP, die blaue Leiste auf dem oberen Bildschirm) und ist von den Monstern durch die Zeitverzögerung bei der Ausführung leicht zu unterbrechen, dafür schmettert ihr eurem Gegenüber einen großen Batzen (in vielen Fällen alle) Lebenspunkte aus den Knochen. Daneben verfügt Yuri über weitere Manöver, die das Kampfsystem recht komplex erscheinen lassen. Betätigt ihr während des Sprungs den A-Knopf zum Schlagen, stürzt sich Yuri mit nach unten gerichteter Klinge Stampfattacken-artig auf den Feind. Betätigt ihr A drei- oder viermal in Folge, setzt er zu einer Kombination an, deren letzter Sprungschlag der kraftvollste ist. Den sehr unangenehmen Flugbiestern rückt ihr auf die Pelle, indem ihr euch genau unter das Flattervieh positioniert und nach oben springt. Jetzt hält sich Yuri der Bauchseite fest, mit weiterem A-Tippen fügt ihr dem Untier nun aus nächster Nähe Schaden zu. Aber übertreibt es nicht! Springt ab, bevor ihr abgeschüttelt werdet. Wem das noch nicht genügt, kann sich mit der R-Taste der mächtigen Race Ability bedienen, die euch allerdings viele SPs kostet. Das Geschehen auf dem oberen Schirm wird kurzerhand auf dem Touchscreen dargestellt. Denn jetzt kommen eure Finger zum Einsatz. Solange Yuris Schwert gleißendes Licht abgibt, berührt ihr die Gegner in eurem Umfeld. Chelincas Zwillingsbruder stürzt sich mit gewaltigen und spektakulär dargebotenen Schwertschwingern auf die gegnerischen Horden.

Um euch die Vielfältigkeit des Kampfes näher zu bringen, möchte ich euch noch Meeths „Sekundärwaffe“, den magischen Topf vorstellen. Haltet ihr die A-Taste einige Zeit und lasst sie dann los, hopst Meeth in den Krug, um Gegner zu überrollen oder sich geschützt über Lava und Eis zu bewegen. In den Spielumgebungen trefft ihr aber auch häufig auf spezielle Felder, die Meeths Topf mit besonderen Eigenschaften versehen. So wird der Pott zu einem Aufzug, einem Fluggerät oder einem Schutzschild vor giftigen Schwaden umfunktioniert. Der Clou beim Kochgerät ist aber ein anderer. Ihr könnt tatsächlich darin kochen! Im späteren Spielverlauf stoßt ihr auf bunte Gase ausstoßende Pflanzen und Brunnen. Die unentwegt austretenden farbenfrohen Lüftchen sind die Hauptzutaten für eine Magie-Orb-Suppe. Habt ihr Meeth angewählt und drückt in der Nähe solcher Gasquellen die R-Taste, packt er seinen Topf aus. Auf dem Touchscreen blickt ihr nun von oben auf die magische Brühe. Wählt jetzt gleiche Farben aus, rührt mit dem Touchpen im richtigen Tempo in der Soße und - schwupps! – habt ihr einen Magie-Orb kredenzt: Das sind die kugelförmigen Gebilde, mit denen sich die Zauber ausführen lassen!

An die Orbs gelangt ihr aber nicht nur über Meeths Kochkünste: Gegner lassen sie nach ihrem Ableben fallen oder sie verstecken sich in Truhen oder Fässern. Die Farben lassen sich sechs Magiearten zuteilen: Rot weist auf Feuer hin, Blau auf Eis, Gelb auf Blitz, Grün steht für Heilung und Violett für die Regeneration von SPs. Die in einem Raster angeordneten Kugeln berührt ihr mit dem Finger und haltet nun den X-Knopf gedrückt. Ein Zielkreis erscheint unter euch, den ihr mit dem digitalen Steuerkreuz über den Boden bewegt, um entweder die Angreifer mit Aggressiv-Zauber aufs Korn zu nehmen oder euch selbst mit Lebens- oder Spezialpunkten zu erfrischen. Das Regenerations-Simsalabim ist dann besonders wirkungsvoll, wenn ihr mit einem Zauber möglichst viele Gruppenmitglieder berührt, um so bei jedem die ganze Heilkraft einer Kugel auszuspielen. Die nötige Komplexität im Magiesystem liefert die Kopplung verschiedener Zaubersprüche. Je mehr magische Zielkreise eure Charaktere übereinander bewegen, umso größer ist in der Regel der Effekt. Im Solo-Modus platziert ihr bei gedrückter X-Taste euer Kreuz an einer beliebigen Stelle. Tippt ihr nun auf einen anderen Mitstreiter, wird dieser seinen Kreis automatisch auf euren legen. Zwei gestapelte Feuer-Zauber ergeben beispielsweise Feura, drei bringen das mächtige Feuga hervor. Aber auch mit nur einem Spieler konstruiert ihr Magiestapel mit der linken Schultertaste: Zeigt euer Zielkreis an die richtige Stelle, drückt ihr L, um den Zauber dort zu parken. Jetzt könnt ihr noch weitere Zauber auf dieser Stelle ausführen, um den Effekt zu verbessern. L wird aber auch immer dann wichtig, wenn ihr zwei magische Schalter gleichzeitig mit Magieattacken bearbeiten müsst. Mit L positioniert ihr zwei Zauberzirkel nacheinander auf den beiden Schaltern. Mit ein bisschen Timing öffnen sich so vorher versiegelte Türen. Mit dem Yuke Alhanalem sind nicht nur auffallend starke Zauber möglich, sondern auch die Bedienung der so genannten „Magic Heads“, Türme mit Kristallköpfen, die in den Dungeons so manchen Weg freilegen. Während Alhanalems Race Ability zieht ihr mit eurem Finger Linien vom Magic Head zu einem nur mit gestrichelten Linien angedeuteten Steinblock. Die vom Magic Head ausgestrahlte Energie materialisiert die Plattform, die euch später als Brücke dient. Mal ist das anzustrahlende Objekt eine Kletterpflanze, mal Kerzen, die simultan entzündet werden müssen oder steinerne Aufzüge – Alhanalem ist unverzichtbar. Ich bin dem Zauberstabschwingen in Ring of Fates sehr angetan. Das Magie-System ist einfach zu bedienen und die Magiestapel, auf die ich später noch einmal zu sprechen komme, sind eine geniale Idee. Dennoch bleibt in diesem Bereich ein unbefriedigendes Gefühl zurück: Die Schadensmagie kommt im Kampf zu selten zum Einsatz. Sie fungiert meist nur als eine Art Initial: Wendet ihr Strom auf einen wild gewordenen Stier an, wirft dieser sich auf den Rücken und gibt seine Schwachstelle frei. Dann ist Yuri wieder mit seinem Eisen zur Stelle – nur wenige Hiebe genügen und der Koloss segnet das Zeitliche.

Während kleinere Feinde wie wildgewordene Eichhörnchen oder schwertkämpfende Eidechsen nur wenige Gegenstände hinterlassen, vermachen euch die Oberbösewichter ganze Schatzkammern. Die am meisten vererbten Items sind Rezepte und Zutaten, die in einem tiefgehenden System miteinander verstrickt sind. In einem speziellen Shop in der Hauptstadt Rebena-Te-Ra oder bei den Mogrys reicht ihr die Rezepte mit den dazugehörigen Ingredienzien ein. Auf diese Weise erhaltet ihr nicht nur günstigere Waffen und Rüstungsteile als beim Waffenhändler, sondern auch exklusive, stärkere, die „offiziell“ nicht verkauft werden. Für die Elite-Waffen sind jedoch besonders seltene Zutaten notwendig, die sich nur in versteckten Schatztruhen befinden oder erst von den Verlies-Bossen freigegeben werden. Ein großes Lob gibt es von mir für die Gestaltung der Charaktere: Jedes einzelne Kleidungsstück und jede Waffe trägt euer Held wirklich, sodass eure Truppe ihr Aussehen während des Abenteuers immer wieder verändert. Mal Samurai-Helm mit Dolch und Zauberumhang, ein anderes Mal mit Ritterhelm, Breitschwert und Cape: Das passt zwar nicht immer farblich und stilistisch zusammen, sieht aber nichtsdestotrotz sehr „individuell“ aus. Ja, so kann man sich und seine Mannen sehen lassen. Schade nur, dass euch eure Begleiter durch grenzenlose Dummheit und ungewollte Slapstick-Einlagen immer wieder zum Gespött des Landes machen.

Meine Team-Kameraden sind Hohlbirnen...

Zugegeben, auch Secret und Sword of Mana haben sich in diesem Punkt nie mit Ruhm bekleckert. Konnte man bei Secret of Mana wenigstens noch die Aggressivität der Kumpanen justieren, stellt die Begleitung in Sword of Mana nichts weiter als ein Laster da: Der Computer-gesteuerte Charakter wehrt sich nur mangelhaft und bleibt häufig an Kanten im Spielgelände hängen. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass es in den Dungeons von Vorteil war, das Anhängsel ableben zu lassen, um sich möglichst flüssig durch die Verliese zu arbeiten. Leider kann ich auch Ring of Fates nicht von dem Makel der tumben Kollegen freisprechen. Besonders eklatant sind die CPU-Fehltritte bei den Bosskämpfen am Ende jedes Dungeons: Jeder Obermotz verfügt über eine sehr kräftezehrende und manchmal todbringende Frontalattacke. Wie ich schon recht früh festgestellt habe, ist den meisten Widersacher, ob klein oder groß, recht einfach mit Attacken von hinten beizukommen; die großen Biestern sind an ihrem eingepflanzten, rot leuchtenden Kristall besonders empfindlich. Nun dürft ihr dreimal raten, von welcher Seite eure mit Verlaub hirnlosen Begleiter die bösen Kolosse angreifen (wenn sie denn angreifen). Richtig: von vorne! Zwar lenkt deren wirkungsloses Gestochere den Boss kurzzeitig von Yuris effektiven Rücken- und Kristallhieben ab, das aber bedauerlicherweise nur für kurze Zeit: Dann heißt es nämlich wieder: Mitstreiter mit der linken Schultertaste hinter sich versammeln und jede Menge Heilressourcen möglichst gleichzeitig auf alle verwenden. Schließlich ist man doch ein eingeschworenes Team, das gemeinsam für eine bessere Welt kämpft. Ja! Einer für alle und alle für... Ach, vergesst es! Ich habe bei meinem mittlerweile dritten Durchgang allen Teamgeist, jegliches Verantwortungsbewusstsein und, autsch, meine Moral über Bord geworfen und lasse meine Gefährten mit einem süffisanten Lächeln über den Jordan gehen. Ich brauche keine Freunde! Ich kann alles allein, basta! Einzelkämpfer, Lone Wolf, Rambo.

Ebenso zermürbend ist das Verhalten eurer „Freunde“, wenn es darum geht, Plattformen zu überspringen oder unwegsames Gelände zu überqueren. Ein Beispiel: Ihr hüpft mit dem Doppelsprung-begabten Narsh von Stein zu Stein, unter euch das Nichts, ein verschlingender Abgrund. „Kein Problem“, denken sich einige Mitglieder eurer Party, „das wird schon irgendwie hinhauen!“, und springen euch hinterher, um dann in die Tiefe zu stürzen und dort einen Teil ihrer Lebensenergie abzugeben. Während ihr anderswo mit einer Mischung aus Grazie und Präzision von Insel zu Insel inmitten eines pulsierenden Lavasees tänzelt, stapfen die Dumpfbacken oft geradewegs in die heiße Suppe und verbrühen sich die Füße. Ich kann so nicht arbeiten! Was würde ich nur darum geben, meiner draufgängerisch-draufgehenden Meute befehlen zu können, einfach nur ruhig stehen zu bleiben.

Wer hat Lust zu spielen?

Ihr habt es sicherlich schon gemerkt: Ich brauche dringend Intelligenz begabte, menschliche Mitspieler! Meine These lautet nämlich, dass das Spiel erst im Vier-Spieler-Modus zur Hochform auflaufen wird. Viele wichtige Zutaten für ausgedehnte Mehrspieler-Sessionen sind vorhanden: Ihr legt bis zu acht Charaktere verschiedener Typen an, wobei jede Familie (ob Cravate, Yuke, Selkie oder Lilty) über individuelle Fähigkeiten verfügt, von deren die gesamte Gruppe in allerlei Situationen abhängig ist. Das intuitive Magiesystem belohnt Teamarbeit: Ich halte es für überaus motivierend, wenn ich mit meinen Freunden die Magie-Zirkel zu einem Magiestapel übereinander lege und einem hartnäckigen Endgegner mit einem hitzigen Feura oder elektrisierenden Blitzga den Garaus mache. Für den besonderen Kick sorgt das Zusammenspiel von Teamgeist einerseits und einem gewissen Konkurrenzkampf andererseits. Ähnlich wie bei The Legend of Zelda: Four Swords oder Four Swords Adventures bringen die wertvollen Hinterlassenschaften von gemeuchelten Gegnern und der Inhalt der überall in den Spielgebieten platzierten Schatztruhen einen Wettkampf um die besten Zutaten, das meiste Geld („Gil“) und wichtige magische Orbs mit sich. Wer brüderlich teilen will, entledigt sich einfach ungleich verteilter oder nutzloser Gegenstände, indem man sie mit X auswählt und ins Spielfeld zurückwirft. Die anderen Spieler können diese dann ganz einfach aufheben. Im Gegensatz zu Secret of Mana, bei dem menschliche Mitspieler erst dann auf die Koboldin und das Mädchen zugreifen konnten, nachdem sie sich dem Helden im Solo-Modus angeschlossen hatten, spielt die Mehrspieler-Kampagne von Ring of Fates relativ abseits der eigentlichen Story und stellt einen eigenen Spielmodus im Hauptmenü dar. Es ist schade, dass anderen Mitspielern nicht die Gelegenheit geboten wird, sich in das Geschehen des Einspieler-Abenteuers einzuschalten. Mit aller Deutlichkeit möchte ich darauf hinweisen, dass der Mehrspielermodus nur im lokalen kabellosen Netzwerk möglich ist. Das Emblem der Wi-Fi Connection auf dem Spielcover ist meiner Meinung nach so etwas wie eine Mogelpackung auf der Packung. Die Online-Unterstützung erfüllt lediglich den Zweck, von euch eingefärbte und bemalte Mogrys (Das Programm nennt sich „Mog-Paint“.) und Nachrichten über eine Ring-of-Fates-exklusive Freundesliste zu verschicken, die bis zu 64 Einträge fasst. Was für ein belangloses Feature! Der offizielle Grund: Square-Enix möchte, dass ihr mit Spielern in den Kampf zieht, die gleich neben euch sitzen. Diese direktere, kommunikativere Art von Spielen bevorzuge ich auch in jedem Fall, dennoch halte ich eine Online-Alternative für angemessen und wichtig. Insbesondere Spielern, in deren Umfeld der Nintendo DS nur wenig Beachtung findet, wird so die Chance verwehrt, auch einmal in den Genuss einer Mehrspieler-Party zu kommen.

Audiovisuelle Wucht

Ein Genuss für Auge und Ohr ist Ring of Fates in jedem Fall. Grafisch darf es sich zur absoluten Spitzenklasse auf dem Nintendo DS zählen. Hübsche und abwechslungsreiche Landschaften wie der verschneite Berg Varl, die düstere Gefängnisinsel oder das Reich der Toten und wunderschöne Charaktermodelle verwöhnen euch visuell. Für mich sind aber die Bossgegner die grafischen Höhepunkte. Ob Riesenskorpion oder Monsterfisch – ihre Auftritte sind Bildschirm füllend und ihre magischen Angriffe spektakulär. Einen kleinen Wehrmutstropfen hat die pompöse Optik allerdings: Bei vielen Feinden und Zauberei auf dem Schirm bricht die Spielgeschwindigkeit ein und ihr bewegt euch kurzzeitig in Slow-Motion durch das Gerangel. Sehr gute Arbeit haben die Entwickler beim Sound abgeliefert, bei dem Square-Enix aber nur selten daneben liegt. Ich habe mich des Öfteren dabei erwischt, wie ich die fröhlichen Melodien in der Metropole Rebena-Te-Ra oder des heimatlichen Dorfes mitgesummt habe. Auch in den Dungeons wird die Spannung durch die musikalische Untermalung verstärkt. Was ich so noch bei keinem Nintendo DS-Spiel erlebt habe, sind die verhältnismäßig großen Anteile von klarer Sprachausgabe, mit denen ihr nach größeren Errungenschaften belohnt werdet. Die Stimmen von Meeth und Chelinca sind vielleicht ein bisschen hoch ausgefallen, dennoch sind die sprechenden Charaktere ein großer Gewinn für das Spiel. Gerade die Streitereien zwischen Yuri und seiner Schwester sind einfach köstlich. Ich wünsche mir sehr, dass wir in der deutschen Version auch deutsche Stimmen hören werden. Spätestens im Frühjahr 2008 wissen wir mehr.

Was ich allerdings jetzt schon weiß: Ring of Fates ist ein gutes Action-Adventure, dass ich in jedem Fall auch im Mehrspielermodus spielen werde. Zugegebenermaßen gehe ich aber davon aus, dass es dort nicht die Klasse eines Secret of Mana erreichen wird.

Schade. Meine Suche scheint also weiter zu gehen…

Ich hoffe, euch hat mein erster Artikel gefallen. Ich würde mich sehr über eure Kritik und Kommentare freuen! Welche Erinnerungen verbindet ihr mit Secret of Mana? Wie hat euch das Crystal Chronicles auf dem GameCube gefallen?

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  • verfasst von „Mana Drache“

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    Letzte Aktualisierung: 05.01.2008, 11:32 Uhr