Kommentar: Die Nintendo-E3-Pressekonferenz 2011

E3 2011: Wechselbad der Gefühle

Die diesjährige Nintendo-Pressekonferenz ist vorbei – wohl eine der kontroversesten bisher: In den letzten Jahren war die Grenze zwischen „awesome“ und „fail“ meist klar gezogen – auf der einen Seite Hämmer wie 2004 oder 2006, auf der anderen Seite Langweiler wie 2005 oder 2008. Dieses Jahr hinterließ die PK jedoch eher gemischte Gefühle – aber alles schön der Reihe nach!

Aller Anfang ist...leicht?

Begonnen hat die Konferenz jedenfalls stimmungsvoll wie schon lange nicht mehr – ein Orchester arrangierte sehr hörenswerte Versionen bekannter Zelda-Tracks, während Impressionen früherer Serien-Episoden über eine Videowand flimmerten. In diesem Filmchen waren auch einige hübsche Szenen aus Skyward Sword enthalten, welche definitiv Appetit auf mehr machten – so flog Link auf einer Art Reit-Papagei durch die Wolken, so schoss ein gewaltiges Ungetüm mit mehr Zähnen im Mund als Teile der Mega Man-Reihe unter der Sonne durch die Luft, während das Szenario ein wenig Skies of Arcadia-Assoziationen weckte, aber insgesamt sehr frisch wirkte.

Im Anschluss betrat gleich Miyamoto-san die Bühne und sprach angenehm locker und sympathisch über die Zelda-Serie, ihre Musik und ihr Jubiläum: Das Orchester spielte bekannte Item-Jingles, während Shigeru dazu herumalberte und ein paar nette Ankündigungen machte; so wird Skyward Sword – über das inhaltlich kaum Worte verloren wurden, wodurch das Spiel immer noch relativ geheimnisumwittert wirkt – nun definitiv weltweit zu Jahresende erscheinen, wie erwartet (auch) im Bundle mit einer goldenen Wiimote Plus. Zur gleichen Zeit soll auch eine Art „Best of“-Soundtrack-CD erscheinen; noch früher soll der OST von Ocarina of Time 3D zu ergattern sein, der jedoch Frühkäufern vorbehalten bleibt, die ihre Neuerwerbung möglichst bald nach Release beim Club Nintendo registrieren. Weiters soll diesen Herbst – angeblich weltweit – eine Zelda-Konzertserie stattfinden; eine ausgesprochen schöne Idee. Apropos Herbst: Voraussichtlich im September darf zur Feier des 25-Jahre-Jubiläums ein DsiWare-Four Swords kostenlos heruntergeladen werden – hoffentlich keine bloße Umsetzung der GBA-Version.

3DS, schläfst du noch?

Nach dem bravourösen Einstand hielten sich im Laufe der Konferenz, welche von Satoru Iwata und – vorrangig – Reggie moderiert wurde, Licht und Schatten die Waage: Die fünf vorgestellten 3DS-Titel – Mario Kart 3D (Sehr interessant: Die Wägelchen morphen dann und wann in Gleiter und Amphibienfahrzeuge, es darf aus verschiedenen Chassis und Reifen gewählt werden und die aus dem SNES-Erstling und der GBA-Episode bekannten Münzen feiern ein Revival), Star Fox 64 3D (Sicherlich toll, aber eben doch „nur“ ein Remake), Kid Icarus Uprising (seit Neuestem auch mit Multiplayer-Modus), Super Mario 3D (sieht nach viel Spaß aus, wenn auch immer noch recht linear; der Waschbär-Anzug wurde bestätigt) und die gelungene Überraschung Luigi´s Mansion 2 (Seit 2002 warte ich darauf! Ist nur zu hoffen, dass die Steuerung mit nur einem Analogstick ähnlich gut gelingt wie damals auf dem Cube) wurden unterhaltsam präsentiert und machten einen hervorragenden Eindruck – nur: Keiner dieser Titel erwartet uns in nächster Zukunft. Star Fox ist zumindest für September angesetzt (hoffentlich auch hierzulande) und Mario Kart für Jahresende; das Klempner-Jump&Run sowie Pits erstes Abenteuer seit Ewigkeiten werden wir zumindest noch dieses Jahr spielen können, was bei Luigis zweiter Spukhaus-Safari noch unklar zu sein scheint. Paper Mario dagegen wurde seltsamerweise auf der PK komplett unter den Tisch fallen gelassen, obgleich im Zuge der E3 ein neuer Trailer auftauchte. Und sehr redundant waren definitiv Reggies überlange Ausführungen zu Excite Bike 3D und der Pokédex-Spielerei aus dem eShop, die zum Zeitpunkt der Präsentation beide zum kostenlosen Download bereit standen...

Watt? Wii-U?

Das wahre Wechselbad der Gefühle begann jedoch erst mit bereits relativ fortgeschrittener Zeit, als es ernst zu werden schien und Nintendos neue Heimkonsole „WiiU“ präsentiert wurde – oder zunächst zumindest der Controller davon, welcher, wie im NFans-Forum schon treffend kommentiert wurde, wie eine Kreuzung aus dem Udraw-Tablet und Sega Game Gear anmutet: Ein von den Bedienelementen und dem Innenleben zweifellos interessantes Stück Hardware – Touchscreen, Kamera, Mikrofon, Beschleunigungs- und Neigungsensor sowie grundsätzliches Button-Layout wie beim 3DS plus einen zweiten Analogstick sowie zwei weitere Schultertasten – welches für einen Nintendo-Controller aber ungewohnt klobig wirkt. Ein wahres „Brett“ - ich wurde schon einmal beim Samba de Amigo-Spielen von meinem Kontrahenten fast mit einer Maraca erschlagen, da will ich gar nicht wissen, was mich in Zukunft mit diesem wuchtigen Steuergerät erwartet...aber mal sehen, wie das gute Stück tatsächlich in der Hand liegt.

Während das (schon vor Monaten als Gerücht durch die Presse geisternde) Feature, den separaten Screen am Controller entweder für Inventar-Verwaltung und dergleichen oder als vollwertigen TV-Ersatz zu nutzen, wobei die Bilder angeblich ohne Verzögerung von der Konsole zum Controller gestreamt werden sollen, durchaus interessant klingt, war das einleitende Video zur Präsentation allenfalls ein mittlerer Alptraum: Überall nur Miis, minimalistische Grafiken und allzu bekanntes Zubehör; selbst ein dem bereits bekannten Modell nahezu 1:1 gleichender Zapper, in welchen der neue Controller eingespannt werden konnte, wurde gezeigt, und auch Balance Board, Wiimote und Nunchuk feierten ihre Wiederkehr.

Dann die Erleichterung: WiiU kann technisch tatsächlich was. Das Demo-Video, in welchem ein Vögelchen durch eine malerische, japanische Kirschblütenlandschaft flog, sorgte zwar nicht für große Augen, aber doch für ein anerkennendes Nicken: Es sieht nicht so aus, als würde WiiU die aktuelle Microsoft- und Sony-Konkurrenz technisch übertrumpfen, aber durchaus, als würde sie zu ihnen aufschließen. Und eine kurze Sequenz, in der ein Link im Twilight Princess-Look durch eine äußerst schicke Kathedrale (mit tollen Spiegeleffekten am Boden) spazierte und eine an Armogohma erinnernde Kreatur durch die Decke brach – wie sich inzwischen herausstellte, eine manipulierbare, aber selbstlaufende Demo – machte ebenfalls einen hübschen Eindruck. Auch die Ankündigung, ein neues Smash Bros. erscheine für 3DS und (!) WiiU gleichermaßen – wie immer dies nun auch genau geplant sei – entzückte, auch wenn keinerlei Bildmaterial dazu zu sehen war. Reggie betonte mehrmals, die gezeigten Simpelgrafik-Demos – an Wii Sports und Konsorten erinnernde Spielchen und New Super Mario Bros. Wii, welches auch mit eigenen Miis spielbar war – sollten lediglich die Möglichkeiten der Steuerung verdeutlichen und nicht für tatsächliche kommende Titel stehen...Gott sei Dank.

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Somit lag es in der Natur der Sache, dass die Optik etwas eigenartig wirkte – offenbar hatte Nintendo eine High-End-Maschine in der Mache, zeigte aber erst recht nur Demos, die selbst auf der Wii nur grafisches Mittelmaß gewesen wären. Als dann als erster bekannter WiiU-Exklusivtitel eines Drittherstellers anstatt des von vielen erwarteten GTA V ein Open World-Spiel mit Legomännchen – Lego City statt Liberty City – enthüllt wurde, war der Gipfel der Skurrilität erreicht.

In den letzten paar Minuten drehte die Pressekonferenz jedoch überraschenderweise noch massiv auf: Ein Video, welches anfangs nach einem puren Loblied-Choral auf WiiU seitens zahlreicher Dritthersteller, ohne konkret zu werden, aussah, wurde letztendlich...nun ja, konkret. Assassin´s Creed (unklar, welcher Teil), Ninja Gaiden 3, Batman: Arkham City, Aliens: Colonial Marines, Darksiders 2, DiRT, Tom Clancy´s Ghost Recon Online, Metro: Last Light sowie ein Tekken wurden für die neue Plattform angekündigt, teils mit bewegtem Bildmaterial – eine Liste, die sich fast wie ein Who-is-Who von jener Art von Spielen liest, die viele Mitglieder der Spielergemeinde im Nintendo-Bereich vermissen.

And now for something completely different...

Zum Schluss dieser Achterbahnfahrt der Emotionen betonte Reggie noch die Relevanz der „normalen“ DS- und Wii-Konsolen, jedoch ohne konkrete Titel anzukündigen – die PK stand komplett im Zeichen von 3DS und WiiU, lediglich mit Ausnahme von Skyward Sword und dem DSiWare-Zelda. Bevor Mr. Fils-Aime von der Bühne ging, wurden einzig und allein zahlreiche Spielelogos an die Wand projiziert, darunter auch solche für die „alten“ Geräte wie das kommende Wii-Kirby – so ist etwa das Schicksal von The Last Story weiterhin offen.

Fazit

Kurz: Zelda Skyward Sword wird immer interessanter und dabei in keiner Weise gehypt oder zerredet, im Gegenteil – immer noch ist kaum etwas von der Story bekannt, obwohl wir es nun sicher dieses Jahr spielen dürfen. Erinnert mich ein wenig an Majora´s Mask, welches vor seinem Erscheinen auch bei weitem nicht so viel in der Presse herumgeisterte wie Ocarina of Time, selbiger ebenfalls einige Rätsel aufgab und letztendlich als enorm faszinierendes Stück Software in die Läden kam – hoffen wir für Links neues Abenteuer Ähnliches!

3DS-Spieler erwartet dieses Jahr noch ein Traum-Launch-Up seitens Nintendo (hoffentlich ist auch Paper Mario schon heuer dabei) – jedoch wohl erst ab Herbst. Nach der After-Launch-Dürreperiode folgt nun also ein ausgedehntes Sommerloch – es wirkt fast, als hätte der Mario-Konzern den Handheld ein halbes Jahr zu früh herausgebracht und die In-House-Hits stark verzögert, um die Dritthersteller zum Zug kommen zu lassen (welche momentan aber auch nicht gerade mit Hits um sich werfen). Danach dürfte es aber so richtig abgehen – nur auf Smash Bros. müssen wir vermutlich noch etwas länger warten, da es bislang nur als bloße Ankündigung existiert; und hoffen wir, dass 3DS- und WiiU-Version die Vorzüge ihrer Konsolen gleichermaßen ausnutzen und uns auf der Heimkonsole somit nicht nur geringfügig aufpolierte Handheld-Grafik erwartet.

Die WiiU-Präsentation hingegen erinnerte mich an verschiedene Hardware-Enthüllungen aus Nintendos Geschichte gleichermaßen: An jene der Wii im Jahr 2005, wo lediglich der Controller enthüllt wurde und erstmal nur eine an die neue Steuerung angepasste Metroid Prime 2-Version spielbar war – ähnlich lief es hier mit „New Super Mario Bros. Mii“, was wohl kaum jemals in dieser Form in den Handel kommen wird (offensichtlich handelte es sich auch um die bereits bekannten Stages aus dem 2009er-Titel) und den kleinen Demo-Spielchen, die grafisch überhaupt nichts hergaben. An die erste Vorstellung des Ur-DS bei Reggies Moderationsdebut 2004, wo ebenfalls vorrangig derartige Spielereien gezeigt wurden. Aber auch an die Cube-Enthüllung im Jahr 2000, als man nur schicke Filme vorführte, die mit den tatsächlichen, später erscheinenden Spielen kaum etwas zu tun hatten (siehe den damaligen Link-vs.-Ganondorf-Film im Vergleich mit Wind Waker): Auch diesmal wurde eine Demo vorgeführt, welche zeigen sollte, wie eine Zelda-Episode für die neue Konsole aussehen könnte (Link vs. Armogohma) – auch wenn es eine schöne Vorstellung wäre, dass Nintendo bereits das nächste Zelda nach Skyward Sword in der Mache hat, wäre es zu euphorisch, dies aus besagter Video-Demo zu schließen.

Es macht stark den Eindruck, als hätte Nintendo einfach noch keine weit genug fortgeschrittenen WiiU-Titel bei der Hand, um sie auf der E3 2011 zu zeigen – und dieser Umstand wirkt ein wenig gefährlich: Heißt dies, wir müssen noch ein Jahr warten, um die kommenden Hits von Nintendos „echter“ Next-Generation-Konsole in Aktion zu sehen? Heißt das, es dauert noch bis Sommer 2012 und länger, bis wir selbst den Power-Knopf von WiiU drücken können?

Ich will es einmal nicht hoffen – denn seien wir ehrlich: Auch wenn dieses Jahr noch einige interessante Wii-Titel in den Startlöchern scharren – Kirby, Zelda, Xenoblade und hoffentlich noch das eine oder andere weitere RPG (wo bleibt Dragon Quest X oder ein europäisches Tales of Graces?) – sieht die Software-Zukunft der Konsole alles andere als rosig aus. In einem Jahr wird der 3DS sicherlich schon längst in die Gänge gekommen sein und schon zahlreiche Hits mit sich gebracht haben, doch die Wii vegetiert jetzt schon seit dem Erscheinen der letzten Weihnachtsknaller vor sich hin.

Liebe Nintendo-Entscheidungsträger: Wartet nicht zu lange! Bitte lasst keine weitere halbjährliche Softwaredürre zwischen zwei Konsolengenerationen mehr zu, wie es bei dem Wechsel von Cube zu Wii der Fall war! Bitte bringt eure neue Konsole tatsächlich im Frühjahr 2012 heraus – wie wäre es mit genau einem Jahr nach dem 3DS? – anstatt noch die nächste E3 abzuwarten, wo womöglich Sony und Microsoft schon ihre neuesten Wunderwaffen vorstellen werden! Ihr könntet die gute alte Space World wieder aus der Mottenkiste hervorkramen und uns diesen Herbst mit einer Fülle an technisch und spielerisch wuchtigen Hits von Morgen beeindrucken, wie wär´s? Ihr müsst schnell sein – dann haben wir bald nach Ewigkeiten wieder ein gleichwertiges Konsolen-Triumvirat: PS3, Xbox360 und WiiU – alle mit wahlweise konventioneller Stick-/Button- oder Bewegungssteuerung, alle technisch ungefähr auf dem gleichen Niveau. Ein neues Wii Sports stört keinen Menschen – auch Sony und Microsoft haben inzwischen längst ihre Pendants dazu – aber es darf sich nicht ins Rampenlicht drängen. Es ist an der Zeit, die Casual-Schiene zu verlassen und der Konkurrenz auf Augenhöhe gegenüberzutreten – so wie früher!

War die Pressekonferenz ein voller Erfolg? Sicher nicht – aber auch alles andere als ein Reinfall! Auch wenn nicht alles richtig gemacht wurde - ein großer Schritt, um an alte Glanzzeiten anzuknüpfen, ein großer Schritt, um die „Core“-Gemeinde zurückzugewinnen, ist getan. Nun muss dieser Weg konsequent weitergegangen werden! Miyamoto-san, Iwata-san – ich zähle auf euch! Vergeigt es nicht – denn wenn doch, hetze ich euch Oswald Weichmann auf den Hals...und glaubt mir, das wollt ihr nicht!

Euer OldMacMario.