Spirit Camera: Das verfluchte Tagebuch ist ein hochinteressantes Stück Software, welches trotz einiger Mängel zu gefallen weiß, die 3DS-Features gerade in Bezug auf Kameras und Gyro-Sensor gut ausnützt und viel Atmosphäre versprüht – der ziemlich geringe Umfang könnte potentielle Käufer allerdings erwägen lassen, auf eine Preissenkung zu warten.
Spieletest: Spirit Camera: Das verfluchte Tagebuch 3DS
Weitere Infos
Releasedate:29. Juni 2012



Anzahl der Spieler: 1
Leser-Meinungen: Noch keine
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Specials: keine
Plus / Minus
- Positiv:
- Fesselnde Atmosphäre
- Gute Ideen
- AR-Funktionen gut umgesetzt...
- Negativ:
- ...aber stark von den Lichtverhältnissen abhängig
- Etwas wenig variantenreiches Kampfsystem
- Geringer Umfang
Während PSP-Spieler etwa schon in den eigenen vier Wänden nach kleinen Invizmals-Monstern suchen durften, beschränkten sich Augmented Reality-Inhalte am 3DS bisher eher auf kleine Spielereien wie die mit dem Grundgerät mitgelieferten AR-Karten oder das vorinstallierte Face Raiders – mit Spirit Camera: Das verfluchte Tagebuch, dem jüngsten Ableger der Project Zero-/Fatal Frame-Reihe ändert sich dies jedoch deutlich: Dabei handelt es sich nicht nur um ein ganz auf jenem Prinzip der erweiterten Realität basierendes Retail-Spiel für Nintendos Handheld, sondern auch noch um ein solches, welches sich (gänzlich anders als die erwähnten Sony-Monsterchen und Konsorten) dem Horror-Genre widmet. Klingt schon einmal interessant – also schlagen wir doch einfach die erste Seite des verfluchten Tagebuchs auf!
Grüße aus dem Gruselhaus
Das ist dabei durchaus wörtlich gemeint, liegt der 3DS-Karte doch das 16seitige "violette Tagebuch" in Papierform bei – leider nur im Booklet-Format, aber dennoch eine äußerst nette Idee, zumal besagtes Druckwerk sich auch noch als Dreh- und Angelpunkt des Spiels erweist: Der purpurne Foliant lag eines Tages, wie es die Story will, als Inhalt eines absenderlosen Päckchens in eurem Briefkasten, nachdem ihr unter mysteriösen Umständen in den Besitz der geheimnisvollen Camera Obscura gekommen seid, welche in alter Serientradition in der Lage ist, Übersinnliches sichtbar zu machen und böse Geister abzuwehren.
Als Hauptperson fungiert dabei der 3DS-Besitzer selbst – ihr könnt es euch schon denken: Der mit zwei Außenkameras ausgestattete Handheld wird dabei selbst zur obskuren Kamera, sodass alle folgenden haarsträubenden Erlebnisse gleichsam euch selbst geschehen. Als ihr aus Neugierde mit eurem mystischen Fotoapparat das ominöse Büchlein ablichtet, daraufhin prompt in selbiges hineingezogen werdet und im gruseligen Herrenhaus der "Frau in Schwarz" landet, welche offensichtlich mit Vorliebe Menschen gefangenhält und ihnen gar grausige Dinge antut, wird es so richtig abenteuerlich...
Maya´s Mansion
Ein großer Pluspunkt von Spirit Camera ist zweifellos die gelungene Atmosphäre und Immersion, welche durch den Augmented Reality-Ansatz aufkommt: Immer wieder müsst ihr im beiligenden Buch blättern und die 3DS-Kamera darauf richten, worauf es auf die verschiedensten Weisen reagiert – schon der Auftakt, als ihr ins Buch gesogen werdet, kommt richtig gut.
Steuerung und Darstellung erfolgen nämlich im Face Raiders-Stil insofern, als dass der (obere) 3DS-Screen als euer Fenster zur virtuellen Welt fungiert, ihr euch also immer wieder mitsamt dem Handheld bewegt und dreht (gesteuert wird also fast gänzlich über den gut funktionierenden Gyro-Sensor, mit den Schultertasten löst ihr dabei stilecht die Kamera aus), wodurch ihr in der Regel die reale Umgebung vermengt mit digitalem Spuk zu sehen bekommt. In dieser Eröffnungssequenz dagegen wird euer Zimmer gänzlich gegen ein finsteres Gemäuer ausgetauscht – wohin ihr euch auch dreht und wendet, es wirkt so, als wärt ihr tatsächlich "mittendrin" in dieser irritierenden Immobilie, was trotz der soliden, aber von sich aus nicht unbedingt beeindruckenden Grafik auf seine Art doch ein gewisses "Wow"-Erlebnis darstellt, was von der gelungenen Grusel-Geräuschkulisse und dem 3D-Effekt unterstützt wird.
Doch auch, nachdem ihr gemeinsam mit dem geisterhaften Mädchen Maya (die von nun an als euer Sidekick fungiert) entkommen seid, wieder im heimischen Wohnzimmer sitzt und das eigentliche Spiel beginnt, hält der alte Schmöker viele Überraschungen bereit: So richtet ihr die Kamera etwa auf das dort eingeheftete Bild eines jungen Mannes – und, wie sollte es anders sein, verschwindet sein Foto plötzlich und der Gute steht in ektoplasmatischer Form plötzlich auf eurem guten Teppich!
Geister! GEISTER! Weißbrot!
Es muss also gekämpft werden – auf eine sehr ungewöhnliche Art, die einerseits reizvoll und andererseits nicht ganz optimal gelöst wurde: Der AR-Geist wandert nun ruhelos durchs Zimmer und muss mittels der Camera Obscura seiner Lebensenergie (harhar!) beraubt werden – sprich, wer ihn knipst, fügt ihm Schaden zu. Behält man ihn länger im kreisförmigen Kamerasucher, so lädt sich der "Schuss" auf und der resultierende Foto-Angriff fällt noch wesentlich wirkungsvoller aus.
Aber Achtung, natürlich lässt sich der spektrale Schurke nicht ohne Gegenwehr bannen – kommt er euch zu nahe, schlägt er glatt zu, dass der 3DS-Screen splittert. Mit guten Reflexen (und dem Beachten der kurzzeitig eingeblendeten roten Markierung) kann der Angriff aber auch gekontert werden, was ebenfalls in Extra-Schaden resultiert.
So laufen die Kämpfe, welche neben (leider nur teilweise, aber dann gelungen englisch vertonten) Unterhaltungen und kleinen AR-Rätseln (herausfinden, auf welche Buchseite die Kamera reagiert und dann z.B. die eigene Hand auf einen dort zu findenden blutigen Handabdruck legen, woraufhin weiße Phantom-Pfoten aus dem Schmöker schnellen und nach uns greifen – huch!) den Großteil des Spiels ausmachen: Eine sehr spaßige Idee, die auch gut funktioniert, sofern ihr im Stehen oder auf einer drehbaren Sitzgelegenheit spielt – da der Gegner oft verschwindet und anderswo wieder auftaucht (auf die ungefähre Richtung weist euch eine Einblendung hin), ist es nämlich vonnöten, sich häufig um die eigene Achse zu drehen.
Böse Geister
Auf der anderen Seite sind wie geschildert im Duell mit Bösewichten die Aktionsmöglichkeiten etwas begrenzt – viel mehr als sich und die Kamera bewegen und Fotos machen kann man eigentlich nicht tun; dass das Kampfsystem so im Vergleich zur "großen" Wii-Episode Project Zero 2 etwas vereinfacht wurde und auch der Adventure- und Erkundungspart derselben im 3DS-Ableger wegfällt, kann hier eine gewisse Eintönigkeit aufkommen.
Der zweite Hauptkritikpunkt ist, dass das korrekte Funktionieren der AR-Funktion stark von den Lichtverhältnissen abhängig ist und es in Ermangelung von Tageslicht teils sogar bei Festbeleuchtung zu Problemen kommen kann: So versuchte ich mir am späteren Abend neben Deckenlicht auch noch mit einer Schreibtischlampe zu behelfen, welches aber auch nicht viel half – wenn mitten in einer unheimlichen Begegnung mit spektralen Wesenheiten eine rein technische Fehlermeldung aufploppt, ist es Gift für die Immersion.
Sonst ist noch negativ anzukreiden, dass das Geheimnis des verflichten Tagebuchs nach wenigen Stunden auch schon wieder gelöst ist, das Spiel für einen Vollpreistitel also etwas kurz geraten ist.
Gute Geister
Dennoch: Spirit Camera: Das verfluchte Tagebuch macht Spaß und ist schon ein ziemlich einzigartiges Erlebnis, welches schon allein deshalb einen Blick wert ist. Auch existieren neben der Hauptstory noch einige nett gestaltete Minispiele, welche teils mit Kamera und Buch oder teils auch nur mit Kamera gespielt werden: Wenn Tiermasken im Buch plötzlich bewegliche Augen bekommen oder man Freunde fotografieren, in Geister verwandeln und gegen selbige antreten darf (welche auch noch je nach Vorlage andere Statuswerte bekommen – quasi ein Barcode Battler mit Menschen!), macht das zwischendurch eine Menge Spaß.
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Vielen Dank an die Firma Nintendo für die Bereitstellung des Testmusters.
Letzte Aktualisierung: 14.Juli.2012 - 22:06 Uhr