Wer ein actionreiches Prügel-Jump&Run zum DS-Start spielen will und keine umfangreiche Ausnutzung der Fähigkeiten des DS benötigt, kann durchaus zu Spiderman 2 greifen, sollte aber nicht zu viel erwarten. Hätten Vicarious Visions sich die unfairen Stellen gespart, den „Suchen“-Faktor nicht gar so hoch geschraubt und Leveldesign sowie Missionsziele etwas aufregender gestaltet, wäre eine höhere Wertung ohne weiteres drin gewesen.
Spieletest: Spider-Man 2 NDS
Weitere Infos
Releasedate:32. März 2005



Anzahl der Spieler: 1
Leser-Meinungen: Noch keine
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Specials: keine
Plus / Minus
- Positiv:
- unterhaltsame Bosskämpfe
- hübsche Grafik
- Negativ:
- zu kurz
- abwechslungsarm
- nicht immer fair
Spinnen haben im Videospielbereich kein leichtes Leben. So werden ihre acht Augen auf eines reduziert, ihre Größe aber stark erhöht und ihre Lebensdauer durch ein unvermeidbares Treffen mit einem spitzohrigen Schwertschwinger drastisch verkürzt. Anderswo werden die armen Krabbeltiere in staubige Geisterhäuser oder dunkle Höhlen gesperrt und vegetieren dort, in ständiger Angst, durch die Sprünge eines rot-blau gekleideten Unruhestifters plattgedrückt zu werden, vor sich hin. Eine Hauptrolle in einem Videospiel wird jenen Gliederfüßern nur ungefähr einmal in hundert Jahren gegönnt. Ein Glück also, dass erneut ein wohlbekannter humanoider Netzschwinger vorbeischaut, um dem Spinnenvolk etwas Ruhm und Ehre zu verschaffen – oder?
Nach dem Einschalten des DS flimmert dem Spieler ein sehr kurzer, aber schicker Introfilm entgegen, bevor er im „eingesponnen“ Hauptmenü landet. Wobei das Menü aber ohne Suppe und Dessert auskommt, nur „Spielstart“ oder „Credits“ kann ausgewählt werden, wobei letztere – wie üblich – auch nach dem erfolgereichen Beenden des Spiels gezeigt werden. Ersterer Button führt zu der Auswahl des Speicherplatzes, drei Slots können genutzt werden. Diese eher spartanisch ausgestatteten Menüs können übrigens auch mit dem Touchscreen gesteuert werden – im Spiel selbst kommt er nicht sonderlich oft zum Einsatz. Aber mehr dazu später.
Das erste der 14 Kapitel wird – wie fast alle – mit Standbildern nebst Text eingeleitet; Videos wie das Intro kommen fast nicht vor. Auch wenn die Bilder meist ganz nett aussehen, auf dem DS wäre eine bessere Präsentation möglich gewesen. Die Haupthandlung orientiert sich am Film, es geht also vorrangig um den Kampf gegen Doktor Octopus aka Doc Ock, jedoch wurden einige Szenen dazugedichtet und neue Endgegner aus dem Spiderman-Universum ebenfalls ins Spiel verfrachtet. Doch nun zum eigentlichen Spiel: Die Levels sind polygonal aufgebaut, wobei die wählbaren Richtungen dennoch auf oben, unten, links und rechts beschränkt bleiben. So bietet das Spiel klassisches 2D-Gameplay mit 3D-Grafik, welche durchaus schick aussieht und auch einige ganz nette räumliche Effekte bietet; bei einem Kampf auf dem Dach eines Wolkenkratzers beispielsweise kann Spidey die Spitze eben jenes Gebäudes umkreisen, wobei sich die Kamera ebenfalls dreht. Die Grafik ist jedenfalls wie erwähnt ganz hübsch, der DS könnte jedoch weitaus mehr – insbesondere die eher pixeligen und wenig detailreichen menschlichen Gegner hätten besser dargestellt werden können. Der Sound hingegen ist technisch ganz in Ordnung und passt zum Geschehen, die kompositorisch nicht sonderlich aufregenden Melodien wiederholen sich hingegen meist recht rasch und können ab und an etwas auf die Nerven gehen.
Jetzt aber zum Gameplay, und damit zum ersten größeren Kritikpunkt: Die Missionsziele. Abwechslung zeigt sich hierbei wenig; es geht eigentlich immer darum, etwas oder jemanden ausfindig zu machen und dieses – oder diesen – entweder auszuschalten (Verbrecher/Roboter/Schalttafeln) oder zu retten (Geiseln), manchmal ist es auch nötig, dies innerhalb eines Zeitlimits zu tun. Sonst gibt es in jeder Mission noch eine optionale Sekundärmission zu erledigen, entweder eine der oben genannten, die in der jeweiligen Missionszielsetzung nicht vorkommt, oder ein noch knapperes Zeitlimit. Wie ihr sicher seht, ist das Abwechslungsreichtum diesbezüglich nicht sonderlich groß. Und was ebenfalls auffällt, ist dass sich die Programmierer offenbar nicht so richtig zwischen zwei Spielprinzipien entscheiden konnten: Einerseits ist das Genre der prügellastigen Action-Jump&Runs natürlich vorherrschend, andererseits ist in vielen Missionen der Suchspiel-Aspekt noch wichtiger: Die Levels sind für ein Actionspiel meist recht verzweigt und es ist eigentlich immer die Zielsetzung, eine bestimmte Anzahl von was-auch-immer zu finden und was-auch-immer damit zu tun, wobei letzteres meist unwichtiger ist. Wenn man beispielsweise in einem knappen Zeitlimit von einem Ende der Stadt zum anderen kommen und ebenfalls sämtliche Gangster auf dem Weg bezwingen muss, ist es das Wichtigste, zunächst mal den Level und die Aufenthaltsorte der Schurken auswendig zu lernen, und – sobald man dies im Kopf hat – vom Anfang bis zum Ende der Stage zu sprinten und keinen Schurken auszulassen; das Prügeln verkommt fast zur Nebensache. Ebenso ist es aus Gründen wie dem eben genannten nahezu immer nötig, jeden letzten Winkel der Stages zu erkunden – in anderen Actionspielen findet man in abgelegenen Winkeln zusätzliche Extrawaffen, hier müsst ihr überall gewesen sein. Für das Genre unüblich, muss es aber ja nicht gleich negativ sein – allerdings wirkt das Spiel dadurch etwas unausgegoren und schmeckt somit weder wirklich nach Fisch noch nach Fleisch.
Die Steuerung des Spiels ist – wenig überraschend – kaum an die Möglichkeiten des DS angepasst. Mit A und Y kann geschlagen oder getreten werden, Kombinationen der beiden Tasten in Verbindung mit dem Steuerkreuz können – Überraschung! – Kombos auslösen. Einmaliger Druck auf die B-Taste lässt den Spinnenmann springen, nach einem weiteren Antippen schwingt er sich per Spinnfaden in der Luft nach links oder rechts und verlängert somit den Sprung. Mit X kann ein Spinnfaden vom Boden aus in alle acht Richtungen geworfen werden, an dem sich Spiderman zu Decken oder Wänden ziehen und dort natürlich auch krabbeln kann; in Kriechstellung geht er nach dem Druck des Steuerkreuzes nach unten. R aktiviert den derzeitig gewählten Special Move – meist Angriffe mit Netzen, von denen zu Spielbeginn drei zur Verfügung stehen, weitere können erspielt werden, wenn in den Stages sowohl Primär- als auch Sekundärmission erfolgreich absolviert werden. Die Auswahl der Special Moves erfolgt – wie wenig im Spiel – über den Touchscreen; der Stylus wird fast nur hervorgeholt, wenn gerade ein Special Move gewechselt werden soll, was doch etwas unpraktisch ist – wäre es beispielsweise praktisch, mitten im Getümmel von „Netzzug“ auf „Netzschuss“ zu wechseln, muss der Stylus hervorgeholt, das entsprechende Symbol auf dem unteren Screen angetippt und der Stylus wieder zurück in seine Aussparung gesteckt werden, bevor es weitergehen kann. Besonders ungünstig ist hier, dass die Moves während des Pausenmodus nicht gewechselt werden können – dabei hätte es absolut gereicht, wenn nur dies möglich gewesen wäre. Letzte Fähigkeit Spidermans ist der sogenannte „Spinnensinn“: Meldet sich dieser im Kampf mit Schurken – dargestellt durch ein rotes Blinken über Spideys Kopf – kann mit L in einen Zeitlupenmodus geschaltet werden, was meist praktisch ist, um beispielsweise Kugeln auszuweichen.
Die Kämpfe sind unterhaltsam, teils aber nicht besonders fair. So kann es vorkommen, dass man nach einem eingesteckten Schlag in der Kombo des Gegners gefangen ist und kaum kontern kann. Will man nach hinten ausweichen, bekommt man in der Regel noch einen sehr schnellen Treffer der Gegenübers ab. Vor allem wirkt es ein wenig absurd, wenn man einen Schurken mit gezielten Schlägen auf eine sich weiter unten befindliche Ebene befördert, ihm nachspringt und – einen Schlag von dem plötzlich aufrecht stehenden Gegner einsteckt, den man eine Sekunde zuvor heruntergeworfen hatte. Auch hakt es manchmal im Leveldesign und der Platzierung der Gegner: Man klettert an der Decke und sieht ein Nagelbrett – was wollen uns die Entwickler damit sagen? Richtig: Hier geht es nicht weiter – zumindest von der Decke aus. Also klettert man zurück auf den Boden und sieht, dass sich direkt unter dem Nagelbrett das (tödliche) Meer befindet. Also schwingt man sich mit der Netzleine einfach nach rechts, um auf der nächsten Plattform zu landen – sieh da, plötzlich erscheint ein fliegender Roboter in Spideys Schwingradius, trifft ihn und der wackere Held fällt wie ein Stein ins Meer. Tot, aus, gegessen; bitte den ganzen Level von vorne. Dies kann schon nerven, insbesondere wenn man in diesem Level mal wieder nach zig Dingen/Leuten suchen durfte und die Schnitzeljagd wieder komplett von vorne aufnehmen kann. Auch kann die Nutzung des Netzleinenzugs via X unmerklich gefährlich werden; er reicht bis über den Bildschirmrand, so sieht man nicht immer vorher, wohin man sich eigentlich zieht. Und wenn auf dem Ziel dann plötzlich ein Nagelbrett steht, denkt man sich schon, dass die Entwickler sich solche Späße ruhigen Gewissens sparen hätten können. Denn der Einsatz von Mitteln dieser Art hemmt den Spieler eher im Einsatz der eigentlich ganz gut umgesetzten Netzschwingerei, was bei einem Spiderman-Spiel eher kontraproduktiv ist. Solche Schnitzer treten immer wieder auf, aber insgesamt sind Kämpfe und Leveldesign nicht gerade herausragend, aber unterhaltsam. Auch gefallen die seltenen Touchscreen-Einlagen doch ganz gut – in einer Mission müssen beispielsweise Bomben gefunden und entschärft werden. Hier darf der Zünder mit dem Stylus vor fließendem Strom geschützt und schließlich entfernt werden – auf alle Fälle netter, als einfach über die Bombe zu rennen und „Die Sprenglandung wurde entfernt“ zu lesen. In vielfältigerer Form hätten derartige Spielchen gerne öfters vorkommen können.
Ebenfalls verwendet wird der Touchscreen in den unterhaltsamen Bosskämpfen. Neben mehreren Begegnungen mit Doc Ock bekommt es die Spinne auch mit Mysterio und dem Geier zu tun. Der Großteil des jeweiligen Kampfes läuft nach klassischen Action-J&R-Mustern ab und gibt sich nicht innovativ, aber dennoch solide, auch da man die Fights durchaus taktisch angehen kann bzw. muss; pures Draufhauen lässt zwar immer einen der beiden Kontrahenten rasch umkippen – nur ist dies meist der Kerl in dem rot-schwarzen Latexanzug. Nach einigen eingesteckten Treffern seitens des Endgegners wechselt das Geschehen auf den Touchscreen, welcher in diesem Fall den Schurken aus Spideys Sicht zeigt. Jener Bösewicht beginnt danach, den Helden mit Projektilen oder Wurfgeschoßen zu attackieren – Doc Ock benutzt beispielsweise seine vier metallenen Greifarme, um mit Trümmern nach der Spinne zu werfen - und jene Angriffe müssen abgewehrt werden, indem die betroffenen Objekte mit dem Stylus angetippt werden. Nicht ungedingt das bahnbrechende neue Spielelement, diese Intermezzi verschaffen den Bossfights aber durchaus mehr Würze und der Wechsel zum Stylus kann hier vernünftig vollzogen werden, da vor einem solchen Angriff eine Warnmeldung erscheint und das Geschehen bis zur ersten Berührung des Screens pausiert bleibt.
Letztendlich kann gesagt werden, dass Spideys erster DS-Auftritt zwar in vielen Punkten bemängelt werden kann, aber dennoch unterhält. Die Kämpfe sind meist unterhaltsam, die Settings sehen hübsch aus und das Leveldesign geht meist in Ordnung. Und auch wenn sie ihn ab und an ins Verderben katapultieren, sind Spidermans Schwing-Fähigkeiten spaßig und vernünftig umgesetzt. Wer mit dem Kauf liebäugelt, sollte seine Erwartungen aus den genannten Gründen aber nicht allzu hoch schrauben – Spiderman 2 ist auf dem DS ein unterhaltsames Spiel mit einigen Mängeln, das mit circa fünf Stunden Spielzeit auch etwas kurz geraten ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
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Vielen Dank an die Firma Activision für die Bereitstellung des Testmusters.
Letzte Aktualisierung: 05.April.2005 - 20:53 Uhr