No More Heroes ist sicher nicht perfekt, kleine Schwachpunkte sind schnell auszumachen. Und doch: Dieses Spiel besitzt einen künstlerischen Geist, der selten bei einem Videospiel so spürbar ist – Grasshopper hatte eine Vision, die zielstrebig umgesetzt wurde. Wer schon in der Casual-Welle unterzugehen drohte, kann mit No More Heroes fantastisches, erwachsenes Entertainment erleben.
Spieletest: No More Heroes WII
Weitere Infos
Releasedate:14. März 2008




Anzahl der Spieler: 1
Leser-Meinungen: 2 Meinungen
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Specials: Import + Freeloader können günstiger als die PAL-Version sein
Plus / Minus
- Positiv:
- Fantastische Präsentation
- Kampf-Gameplay unerreicht
- Voller Referenzen und Anspielungen
- Negativ:
- Schwache Grafik in der "offenen" Welt
- Überarbeitungswürdiges Missionssystem
Eine Zensur findet - in den USA - nicht statt
Das Spielprinzip ist erfrischend geradlinig und kommt ohne den Versuch aus, die moralisch bedenklichen Verhaltensweisen zu kommentieren und somit einen Realitätsbezug herzustellen. So liegt es letztlich am Spieler, ob er sich auf diese Erfahrung einlassen möchte. Was Grasshopper Manufacture aus dieser einfachen Geschichte gemacht hat, verdient in jedem Fall Respekt: Die vielen Zwischensequenzen gehören mit zum Besten, was Videospiele zu bieten haben. Die Geschichte ist so eindeutig an ein erwachsenes Publikum adressiert, dass neben der Gewalt auch eine erfreulich unzüchtige Sprache herrscht. Ich lobe aber nicht um der Gewalt oder derben Sprache willen, sondern weil alles andere nicht in das Konzept gepasst hätte. Etwa so, wie wenn Quentin Tarantino bei Kill Bill versucht hätte, eine niedrigere Altersfreigabe zu erhalten, nur um mehr Menschen ansprechen zu können. Ein Rachefeldzug, bzw. bei No More Heroes ein Feldzug gegen die besten Assassinen der Welt, kann eben kaum unblutig geregelt werden. An diesen Punkt möchte ich auch kurz auf die US-Version eingehen, die weltweit die einzige unzensierte ist. Es lassen sich übrigens im Internet leicht Aussagen von Grasshopper finden, nach der die jeweilige Version (zensiert/unzensiert) die eigentlich „richtige“ sein soll – reines Marketing also. Während man in den USA rote Blutfontänen und zahlreiche abgetrennte oder explodierende Körperteile zu Gesicht bekommt, verpuffen die Gegner auf der restlichen Welt artig zu kleinen Aschehäufchen. Wer sich die Mühe macht und bei YouTube die Vergleichsvideos anschaut, wird feststellen, dass offenbar doch die US-Version die wahre ist – einige Zwischensequenzen wirken in der zensierten Variante arg bemüht und ganze Kamerafahrten laufen ohne Pointe ins Leere.
Hier aber die gute Nachricht: Welche Version letzten Endes auch gespielt wird, an der eigentlichen Qualität des Spiels ändert sich wenig. Das Gameplay besitzt zwar Licht- und Schattenseiten, kann aber letztlich überzeugen. Travis’ Motorrad, der Schpeltiger, steuert sich träge, als hätte es vier Räder, aber ist letztlich auch nur Mittel zum Zweck, um von A nach B zu kommen. Schließlich gibt es keine Rennmissionen oder ähnliches. Viel wichtiger ist die Kampfsteuerung und diese kann sich wirklich sehen lassen: Mit A schlägt Travis mit seinem Lichtschwert (wer hier an Star Wars denkt, wird im Spiel für diese Assoziation belohnt), B dient zum Treten, was Gegner eventuell verwirrt. Dann lassen sich verschiedene Wrestling-Moves ausführen, die ähnlich wie der tödliche Schlag immer durch die Bewegung der Wii-FB und manchmal auch des Nunchuks ausgeführt werden. Dabei zeigen Pfeile an, in welche Richtung man sich bewegen muss. Lustlos mal eben eine Runde spielen fällt somit flach, No More Heros verlangt schon ein wenig Körpereinsatz. In den Endkämpfen hilft dann wildes Tastendrücken eher wenig, ein bisschen Taktik ist schon gefragt. Besonders voreilige Spieler werden manchmal auch mit dem sofortigen Tod daran erinnert, ein wenig besonnener vorzugehen. Manche Endgegner lassen sich nämlich nicht jederzeit stumpf behaken. Für einen zusätzlichen Anreiz sorgen drei Walzen, die nach dem Ableben eines Gegners rotieren, ähnlich wie einarmige Banditen. Bei drei gleichen Symbolen wechselt Travis in einen besonderen Zustand, bei dem die Gegner spielend seiner Lichtklinge zum Opfer fallen.
Leider ist die Auswahl der einzelnen Missionen zu aufwendig, da im Falle des Versagens nicht einfach „Wiederholen“ angewählt werden kann, sondern zuerst wieder der ursprüngliche Auftraggeber aufgesucht werden muss. Hier wird der Ehrgeiz, eine optionale Mission zu schaffen, bereits im Keim erstickt.
Eigenwilliger Stil trifft auf technische Realität
Grafisch offenbart No More Heroes sicher die größten Schwächen, obwohl auch hier wieder der Kern des Spiels sehr gut funktioniert: Die einzelnen Level der zehn Killer sind sehr stimmungsreich aufgemacht und bieten in der Regel auch viele kleine Details. Die Figuren selbst sehen fantastisch und irre aus, auch hier keine Kritik. Problematisch wird es eher, wenn man sich einfach durch Santa Destroy bewegt: Hier ist die Framerate nicht konstant und viele Gebäude tauchen plötzlich aus dem Nichts auf. Dabei werden auf den unbelebten Straßen der Wii sicher keine Meisterleistungen abgefordert. Hier bleibt das Gefühl zurück, dass in diesen Teil des Spiels – aus welchen Gründen auch immer – die wenigste Aufmerksamkeit und Zeit investiert wurde. Dafür ist zum Beispiel Travis’ Zimmer sehr detailliert und voll gestopft mit seinem Fanzeug. Trotzdem sollte Suda 51 im hoffentlich folgenden Sequel auf diesen Aspekt besonderes Augenmerk legen.
No More Heroes bleibt im Kopf…und im Ohr!
Die Musik geht teilweise richtig ins Ohr und passt sehr gut zum Spielgeschehen. Besonders das Lied „Heavenly Star“ hat es mir angetan, ein echter Ohrwurm. Falls es zudem wirklich von einem Vocaloid, also einer künstlichen Computerstimme gesungen wird, sehe ich für zukünftige „Superstars“ schwarz… Nicht umsonst läuft das Lied wohl an vielen Orten in Santa Destroy. Die Soundeffekte sowohl bei den Kämpfen, als auch auf dem Motorrad gehen auch in Ordnung. Richtig Mühe haben die Entwickler in die aufwendige Sprachausgabe gesteckt: Viele verschiedene Sprecher, teilweise mit Akzent, vermitteln ein realistisches Bild und unterstreichen somit das durchdringende Spielerlebnis.
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Letzte Aktualisierung: 16.April.2008 - 15:17 Uhr