Wieder schafft es EA, ein FIFA auf den Markt zu bringen, dass wieder etwas mehr ist als nur ein jährliches Update. Die Schwerpunktverlagerung auf die Pässe in den freien Raum beflügelt FIFA 07, wohingegen das quasi nicht vorhandene umkämpfte Mittelfeld und die ungenauen Standardsituationen klare Minuspunkte darstellen. Insgesamt liefert EA ein starkes Fußballspiel ab - das stärkste auf dem GameCube.
Spieletest: FIFA 07 NGC
Weitere Infos
Releasedate:32. September 2006



Anzahl der Spieler: 1-4
Leser-Meinungen: Noch keine
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Specials: keine
Plus / Minus
- Positiv:
- neues Passsystem
- Kopfballspiel
- tolle Präsentation
- Negativ:
- Mitelfeld nicht vorhanden
- Standardsituationen
Deutschland ist nach dem WM-Sommermärchen im Fußballrausch. Mit FIFA 07 soll zumindest für Sofafußballer ein ebenso erfolgreicher Herbst auf dem GameCube einbrechen. Wieder einmal versammelt Electronic Arts ganze 25 Ligen samt Originalspieler ins virtuelle Fußballstadion. Ballack bei Chelsea, Poldi bei Bayern – alle Aufstellungen entsprechen dem Stand vom 27. August 2006.
Ronaldinho tanzt nach eurer Pfeife
Kernmodus des Spiels ist der bis zu 15 Jahre andauernde Managermodus. Zu Beginn wählt ihr zwischen mehreren Angeboten eher zweitklassiger Clubs. Je stärker das von euch auserkorene Team ist, umso höher sind natürlich auch die Anforderungen, die an euch gestellt werden. Mal müsst ihr euch in der oberen Tabellenhälfte festbeißen, im DFB-Pokal eine gute Platzierung erreichen oder im Fall 1. FC Köln beispielweise eine starke Abwehr etablieren. Das Präsidium wirft immer ein Auge auf eure Entscheidung und teilt euch seine Meinung auch umgehend mit. Stärkt ihr im Beispiel Köln den Offensivtrainer ohne auch die Abwehr zu verbessern, meldet sich die Vereinsspitze gleich mit einer Unmutsäußerung. Wenn ihr aber erfolgreich seid, stehen schon bald bessere Trainerangebote für euch ins Haus. Zwar ist es manchmal etwas schmerzlich, einen Verein zu verlassen, den man mit aufgebaut hat, aber es geht nun einmal primär um eure Trainerkarriere. Und welcher Coach träumt nicht einmal davon, das Fußball-Ballett aus Barcelona oder Chelsea zu dirigieren?
Gut´ Ding will Weile haben
Bei eurem Job ist die Büroarbeit ganz entscheidend. Ihr verhandelt Vertragsverlängerungen mit Spielern und Sponsoren, sendet eure Scouts national und international aus, um vielversprechende Talente ausfindig zu machen, stöbert auf dem Transfermarkt oder sucht in der vereinseigenen Fußballschule nach Nachwuchs für die A-Mannschaft. Natürlich gehört auch der oben angesprochene Teil der Verbesserung verschiedener Mannschaftsteile zu eurem Aufgabenbereich. Aber stellt euch auf sehr langsame Veränderungen durch eure Eingriffe ein. Die „Upgrades“ der eigenen Mannschaft durch Einstellung besserer Ko-Trainer kostet aber nicht nur viel Zeit, sondern auch Geld. So ist es fast unmöglich, die horrenden Summen für die Level-Ups späterer Stufen aufzutreiben.
Tritt Poldi Schweini vor das Knie, war´s das mit der Team-Chemie.
Will man sich ganz auf die Trainertätigkeit fokussieren, so liegt die Entscheidung bei euch, ob ihr die Spiele simulieren lasst oder die Steuerung selbst in die Hand nehmt. Gerade zu Beginn gestaltet sich das Gameplay aber berechtigterweise schwierig. Schließlich bewegt ihre keine Rooneys oder Kloses über den Rasen, sondern B-Promis des Fußballsports. Der Spielverlauf ist anfangs träge, die Pässe werden schwach und ungenau gespielt, ganz zu schweigen von den teils kläglichen Torschüssen. Der Ball läuft gar nicht rund. Der Managermodus macht erst Spaß, wenn ihr euch richtig in die Materie eingearbeitet habt, die Optionsvielfalt durchschaut habt und erste Erfolge durch Ausprobieren erzielt. Dazu zählt auch die Steigerung des Wertes für die Team-Chemie. Stets müsst ihr überprüfen, ob die Spieler auch auf ihren Lieblingspositionen stehen. Vergewissert euch, ob auch die zweite Riege ihre Chance erhält und einen gewissen Konkurrenzkampf initiiert. Letztlich ist aber nichts so erquickend für die Moral der Mannschaft wie eine Siegesserie. Wenn sich dann unter euch noch ein junger Mann wie T. Wrn aus der Fußballschule des 1. FC Köln zum Torschützenkönig der zweiten Bundesliga mausert, lacht das Trainerherz! Der Managermodus macht mit all diesen emotionalen Höhepunkten richtig Spaß – je länger man sich mit ihm befasst.
"Wie soll man diesen Abwehrriegel aus den Angeln heben?"
Doch wie sieht es mit dem wohl wichtigsten Element des Spielspaßes aus, dem Gameplay? Auch hier könnt ihr euch wieder darauf einstellen, dass sich FIFA 07 ganz anders anfühlt als sein Vorgänger. EA wirbt mit einer überarbeiteten Ballphysik, die das den flüssigen Spielverlauf sehr aufwertet. Der Ball klebt noch weniger an den Füßen der Spieler. Auch das Passen in den freien Raum mit der Y-Taste ist nahezu revolutioniert: Steilvorlagen oder Flanken aus dem Mittelfeld auf die Flügel landen nicht mehr genau beim Mitspieler, sondern müssen von den Stürmern erspurtet werden. Pässe „durch die Lücke“ oder Doppelpässe sind wesentlich realistischer umgesetzt und bieten dem Spieler mehr Entfaltungsmöglichkeiten, zumal man ein feines Abspiel noch mit der First-Touch-Kontrolle mittels C-Stick krönen kann: Kurz vor der Ballberührung drückt ihr den C-Stick in die Richtung, in der sich der Spieler den Ball vorlegen soll. Nicht selten durchbricht man mit einem solchen Manöver die Abwehrmauer. Ebenso viel Lob gebührt dem Kopfballspiel. Hattet ihr bei FIFA 06 kaum die Möglichkeit, bei einem Abschlag oder einer Flanke den Ball zu erobern, wenn sich bereits ein Gegenspieler – wie auch immer – vor euch postiert hatte, so zeigt jetzt im Vorfeld eine gelbe Markierung den Aufschlagspunkt des Balles an. Damit ist dann sozusagen der Kampf um die beste Position eröffnet. Wer sich nach einer kurzen Rangelei durchsetzt, kann den Ball annehmen und verwerten. Ein zweischneidiges Schwert stellen nach wie vor die Distanzschüsse dar, die teilweise einfach unberechenbar sind. Auf der einen Seite verfehlt ihr selbst mit absoluten Goalgetter das Tor in unmittelbarer Nähe um Meter, obwohl ihr weder die B-Taste zu lange aufgeladen, noch vorbeigezielt habt. Andererseits gelingen mit ein bisschen Mut die schönsten Treffer aus der Distanz oder per Direktannahme – angedreht und genau in den Winkel. Eigentlich könnte man zufrieden sein, da sich beide Punkte ja scheinbar ausgleichen. Dennoch: Zu viel Zufall und Unkalkulierbarkeit schwächen die notwendige Macht des Spielers. Und außerdem müsst ihr erst einmal eine Lücke gefunden haben, um einen furiosen Fernschuss in die Wege zu leiten. Und hier kommen wir zum größten Kritikpunkt an FIFA 07: Die gegnerische Mannschaft ist bei eurem Angriff viel zu weit nach hinten gezogen, was schon beinahe den Eindruck eines vertedigenden Handball-Teams hinterlässt. Das Mittelfeld findet nahezu nicht statt. Mit zwei schnellen Pässen steht ihr plötzlich vor einem Abwehrbollwerk und euch bleibt in vielen Fällen nichts anderes übrig, als den Ball hektisch hin und her zu spielen, auf die Flügel zu verlagern oder einfach abzuziehen, um auf einen abgefälschten Torschuss oder einen Eckball zu hoffen. Ein Fußballspiel ohne ein umkämpftes Mittelfeld ist kein richtiges Fußballspiel. Wir hoffen auf Besserung fürs nächste Jahr! Unbefriedigend bleiben auch die Standardsituationen: Ob Ecke, Freistoß oder Elfmeter - das Gefühl, alles im Griff zu haben, stellt sich leider nicht ein. Auch wenn Zielkreuze oder andere Orientierungsmarkierungen auf dem Spielfeld den Simulationscharakter schwächen, sollte EA spätestens im nächsten Jahr ein eingängiges und nachvollziehbares Zielsystem etablieren. Nichts zu meckern gibt es hingegen bei den Tricks und Finten, die ihr über den C-Stick eingebt. Hier hat sich EA offensichtlich stärker an FIFA Street orientiert. Ein Laufbahnwechsel wird nun nicht mehr durch einfaches Drücken des gelben Sticks in die entsprechende Richtung vollführt, sondern durch eine Viertelkreisbewegung von oben nach links oder rechts. Zudem unterscheidet das Spiel, ob ihr den Ball im Stehen oder im Lauf zu einem Trick verarbeitet, was ganz unterschiedliche Ergebnisse nach sich zieht. Die Aktionen gestalten sich schwieriger als im Vorgänger und verlangen perfektes Timing von euch ab. Aber ein tolle Finte zur rechten Zeit durchbricht die Abwehr. So kann man neben all dem Passen und Flanken auch manchmal die individuellen Stärken der Fußballer ausspielen. Leider machen es euch die Torhüter auch allzu oft zu leicht, einen Torerfolg zu erzielen. Zu viele Aussetzer lassen euren Schlussmann häufig als Depp der Nation dastehen. Er läuft gar nicht oder zu langsam aus dem Tor hinaus oder bleibt schlichtweg vor dem Ball stehen – vollkommen bewegungslos, scheinbar darauf wartend, dass ein gegnerischer Stürmer die Kugel ins Netz spitzelt.
Auge und Ohr spielen mit
Wenigstens ist selbst so ein Stolpertor hübscher denn je animiert. EA gönnt dem Spiel noch mehr Fußballer-Animationsstufen als in der Vorjahresversion, die nervigen Ruckeleien sind auf ein Minimum reduziert. Auch die Spielerköpfe sind feiner ausgearbeitet: Ballack hat endlich seinen unsäglichen Haarhelm samt Haifischschädel abgelegt. Insgesamt präsentiert sich die Technik sehr positiv: Die Soundtracks sind ein buntes Potpourri von Musikstücken aller Genres und Kulturen und die Kommentatoren leiden weniger an Blackouts und melden sich erfrischend emotional zu Wort. In diesem Sinne: "Toooor! Der passt aber haargenau!"
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Vielen Dank an die Firma Electronic Arts für die Bereitstellung des Testmusters.
Letzte Aktualisierung: 24.November.2006 - 00:50 Uhr