Anno 117: Pax Romana im Test (PC/PS5)

Anno 117: Pax Romana im Test (PC/PS5)

Wenn Rom zur neuen Weltmacht der Aufbaustrategie wird

Mit Anno 117: Pax Romana wagt Ubisoft Mainz den nächsten großen Zeitsprung und katapultiert euch mitten ins Römische Reich. Nach Segeltörns durch die Karibik, Expeditionen ins Industriezeitalter und dem Sprung in ferne Inselwelten geht es diesmal in die Antike. Der letzte Teil der Reihe, Anno 1800 erschien vor 7 Jahren und vereinte die Stärken aus den Vorgängern. Da stellt sich die Frage: Funktioniert das Anno-Prinzip auch zwischen Legionen, Aquädukten und römischen Bädern? Wir haben auf PC & PS5 die Tunika angelegt und sagen es euch!

Setting & Story

Das Spiel versetzt euch ins Jahr 117 n. Chr., zur Zeit der sogenannten „Pax Romana“, einer ca. 250 Jahre andauernden Phase des inneren Friedens im Römischen Reich, wie uns eine kurze, oberflächliche Recherche verrät. Ihr übernehmt die Rolle einer Statthalterin beziehungsweise eines Statthalters, oder wie es korrekterweise auf Latein heißt: eines Praetors. Dabei könnt ihr eines von zwei Startgebieten wählen:

Latium, im Herzen des Imperiums oder Albion, eher abgelegen und mit anderen Herausforderungen. Wer im Geschichtsunterricht aufgepasst hat, weiß natürlich, dass es sich bei Latium um die Region rund um Rom handelt und Albion der antike Name für Großbritannien ist. Für diesen Test starten wir zunächst mit der Kampagne und somit in Latium, dabei übernehmen wir die Rolle der Preatorin Maxima Titania, die die Verantwortung für die Stadt Juliana auferlegt bekommen hat.

Brot, Spiele und perfekt geplante Straßen

Dank des gut integrierten Tutorials fühlt man sich schon nach den ersten Stunden sofort zu Hause. Die bekannten Mechaniken greifen wie ein gut geschmiertes Zahnrad: Produktionsketten aufbauen, Ressourcen managen, Bürger glücklich halten. Das alles funktioniert genauso befriedigend wie in den Vorgängern der Anno-Reihe. Neu ist das römische Flair, das Ubisoft nicht nur visuell, sondern auch spielerisch und sprachlich stark umsetzt. Statt Ingenieuren und Handwerkern kümmert ihr euch nun um Plebejer, Patrizier und Senatoren, während ihr eure Provinzen zwischen Mittelmeer und Gallien aufbaut. Basierend darauf, ob ihr euch in Latium oder Albion befindet, ist auch der Sprachgebrauch ein anderer. Allerdings gibt es auch einige, nicht ganz so gelungene bzw. unsaubere Übersetzungen. Wir hoffen, hier reicht Ubisoft zeitig einen entsprechenden Patch nach.

Ein Highlight: Die römischen Straßen und Infrastrukturen sind nicht nur bloße Dekoration, sondern beeinflussen tatsächlich die Effizienz der Stadt. Wer seine Via Appia clever plant, spart Wege, steigert Produktion und sieht dabei verdammt gut aus. Hier kommt auch eine der größten Neuerungen des Spiels zu tragen: Gebäude und Straßen können nun auch diagonal platziert werden, was euch viele neue Möglichkeiten in der Stadtplanung eröffnet, sich mitunter aber auch mal als ordentliche Herausforderungen herausstellen kann.

Zwei Welten, viele Möglichkeiten

Wie in Anno 1800 gibt es wieder zwei Settings: das Kernland Italiens und die Grenzregionen des Imperiums. Letztere bringen frische Mechaniken wie diplomatische Konflikte und sogar kleine militärische Auseinandersetzungen mit sich. Diese sind zwar keine Total-War-Schlachten, aber genug, um für Spannung zu sorgen.

Besonders cool: Die Balance zwischen Expansion und innerem Frieden. Zu viel Machtgier kann die Pax Romana ins Wanken bringen und wer sich mit den falschen Provinzen anlegt, muss mit Aufständen rechnen. Ein feines System, das politische Strategie mit klassischem Anno-Flair verbindet.

Die diplomatischen Möglichkeiten im Spiel wirken im ersten Test nachvollziehbar. Der diplomatische Umgang mit den Computer-Gegnern war in der Vergangenheit immer schon ein gewisses Glücksspiel, aber in Anno 117 scheinen die Gegner ihre Entscheidungen auf Basis verschiedener Faktoren zu treffen und nicht nur auf Basis der Reputation, die man sich erarbeitet hat. Meistens jedenfalls. Auch hat jeder Charakter, auf den ihr trefft, andere Vorlieben und Abneigungen, so dass man sich mit den entsprechenden Entscheidungen entweder dessen Gunst erkauft oder es in die andere Richtung umschlägt.

Macht durch Einfluss

Ein Herzstück von Anno 117, und der vielleicht größte Unterschied zu Anno 1800, ist die kulturelle Ausrichtung. Während sich in Anno 1800 alles um Fortschritt, Industrie und Expansion drehte, geht es im römischen Reich vor allem um Einfluss, Assimilation und Identität.

Jede römische Provinz hat ihren eigenen kulturellen Hintergrund. Egal ob Ägypter, Iberer, Griechen oder Kelten, all diese Kulturen reagierten unterschiedlich auf die römische Verwaltung. So auch in Anno 117. Zwar gibt es bisher nur die Kelten in Albion als Kultur, aber ihr könnt entscheiden, ob sie romanisiert wird. Sprich, ob ihr aktiv den römischen Lebensstil, die Architektur und Religion durchsetzen wollt oder ob ihr versucht die lokale Kultur zu respektieren und euch anzupassen. Für den ersten Season-Pass ist eine neue, ägyptische Region auch schon angekündigt.

Diese Entscheidung hat echte spielmechanische Konsequenzen:

Romanisierung bringt effizientere Verwaltung, stabilere Steuereinnahmen und Zugang zu exklusiven Gebäuden (z. B. Thermen oder Verwaltungsforen). Allerdings steigt dadurch der Unmut in nicht-römischen Gebieten, was Aufstände oder Sabotageaktionen auslösen kann.

Kulturelle Toleranz hingegen erhält den Frieden und ermöglicht einzigartige lokale Produktionsketten.

Diese Mechanik sorgt für überraschend viele moralische und strategische Zwickmühlen. Wollt ihr als Gouverneur den friedlichen Händler spielen, der lokale Traditionen achtet oder als kompromissloser Statthalter wirken, der Rom über alles stellt? Neutral zu bleiben ist schwer, denn jede Handlung hat ihre Konsequenzen.

Damit verleiht Anno 117 dem Begriff „Aufbauspiel“ eine neue Dimension. Es geht nicht mehr nur darum, effizient zu wirtschaften, sondern auch darum, eine kulturelle Identität zu formen.

Grafik & Atmosphäre: Das römische Reich zum Greifen nah

Optisch ist Anno 117 ein echter Hingucker. Das Licht über den römischen Villen, die detailverliebten Tempel, die belebten Marktplätze, alles wirkt wie aus einem Historienfilm. Dazu kommt ein Soundtrack, der perfekt zwischen Epik und Entspannung wechselt.

Kleine Schwächen zeigen sich in der Performance: Große Städte bringen selbst starke Rechner gelegentlich ins Schwitzen. Und den sechs Jahre alten Rechner den wir zum Testen verwendet haben, ganz besonders. Auch die Wegfindung einiger Bürger erinnert stellenweise eher an barbarische Zustände als an römische Ordnung, aber Ubisoft liefert auch hier sicherlich Patches nach.

Multiplayer

Den Multiplayer-Modus konnten wir leider noch nicht testen, aus Mangel an Mitspielern, aber zumindest die grundsätzlichen Infos dazu wollen wir euch nicht vorenthalten:

Theoretisch kann jede Partie zu einer Multiplayer-Partie gemacht werden! An jeder Runde, die ihr spielt, nehmen vier Statthalter teil, die um Ruhm und Ehre kämpfen. Egal ob es vier menschliche Spieler sind, oder zwei menschliche Spieler und zwei KI-Spieler. Auch in laufende Partien soll beigetreten werden können. Ebenso gibt es einen Koop-Modus, indem zwei Spieler zusammen dieselbe Fraktion spielen können, oder einer in Albion startet und einer in Latium.

Wie gut der Multiplayer funktioniert und wie auch das Langzeitspiel ist, werden wir euch entsprechend nachreichen! Das wird besonders dann spannend, wenn die ersten DLCs verfügbar werden, denn diese sollen lt. Ubisoft auch in einer laufenden Partie aktivierbar sein.

Fazit: Das Imperium hat Stil

Anno 117: Pax Romana ist ein römischer Triumphzug – atmosphärisch beeindruckend, spielerisch tief und kulturell überraschend mutig. Ubisoft Mainz beweist einmal mehr, dass sie ihr Handwerk verstehen. Wer Anno 1800 geliebt hat, bekommt hier mehr vom Guten, nur knapp 1700 Jahre früher in der Geschichte. Der römische Anstrich, die kulturelle Ausrichtung und die politischen Systeme machen Lust auf unzählige Spielstunden, denn in Anno 117: Pax Romana wird Stadtbau zur Kunst und Kultur zur Waffe. Denn wenn der Bildschirm leuchtet, die Amphoren klirren und der Handel floriert, weiß man: Rom wurde nicht an einem Tag erbaut, denn Anno 117 ist wieder ein echter Zeitfresser und das im positiven Sinne. Lediglich einzelne Performance-Wackler könnten den ein oder anderen Spieler stören, wenn man nicht gerade einen Highend-Gaming-PC oder eine PS5 Pro sein Eigen nennt.

PRO:

grandioses Setting
bewährtes Gameplay
starke kulturelle Mechanik
neue politische Tiefe stimmungsvolle Soundkulisse
beeindruckende Atmosphäre

CONTRA:

Performance bei sehr großen Städten
KI-Aussetzer bei Handelsrouten & Diplomatie

Performance: 8
Kampagne: 8
Gameplay: 9
Grafik: 9
Sound: 8.5
Spielspaß: 9
Multiplayer: 8
Immersion: 9

GESAMT 8.6/10

Danke an Ubisoft für die Bereitstellung des Testmusters.

verfasst von „Philipp“

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Letzte Aktualisierung: 10.11.2025, 18:58 Uhr