Final Fantasy XVI (Playstation 5)

Final Fantasy XVI (Playstation 5)

Egal von welchem Franchise man spricht. Wenn eine 16 dahinter steht, denken die meisten an Begriffe wie „ausgelutscht“ oder „altbacken“. Dass es auch völlig anders geht beweist zur Zeit Square Enix mit Final Fantasy XVI, denn alles an diesem Spiel schreit dem Spieler entgegen: „damit hast du nicht gerechnet!“ Selbst wenn man seit Jahren (oder Jahrzehnten) von der Final Fantasy nicht mehr vom Hocker gerissen wurde und man sich in die Zeiten zurückwünscht, wo die Reihe bei Nintendo zu Hause war, lohnt sich jetzt ein Blick auf die Nachbarskonsole, denn die Playstation 5 feuert ein nie dagewesenes Action-RPG-Feuerwerk ab. Kann das Spiel aber auch auf Dauer überzeugen? Das klärt der nun folgende Test.

Fantasy of Thrones

Final Fantasy XVI macht von der allerersten Sekunde an klar, dass es keine Kompromisse geben wird. Das Spiel gibt derart Vollgas, dass direkt mit einem der gängigsten jRPG Klischees aufgeräumt wird. Der behäbige Start, den man von Dragon Quest oder den Tales of Spielen kennt, wird im wahrsten Sinne pulverisiert. Man wird hineingeworfen in einen epischen Kampf zwischen einem gigantischen Phönix und einem gewaltigen Ifrit, weiß kaum wie einem geschieht, aber der Puls ist stets auf 180 und die Augen geweitet. Es ist schlicht und einfach das beeindruckendste was man seit geraumer Zeit auf einer Konsole beobachtet hat. Kleinlaut wird man als Verfechter der absolut großartigsten Hybrid-Konsole von Nintendo eingestehen müssen, dass dies dort nicht möglich gewesen wäre. Aber wie schön ist es doch, wenn man sich hin und wieder einen Blick über den Tellerrand erlauben darf.

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Square Enix macht mit dem Setting, der Erzählung, der Optik, den Klängen und den Charakteren so ziemlich alles richtig und trifft auch den Nerv der Zeit. Nachdem Final Fantasy XV unter den Fans mit gemischten Gefühlen aufgenommen wurde, was vor allem an der „Boyband“ in einer seltsam ungriffigen Open-World lag, möchte man hier zur bewährten High-Fantasy-Erzählung greifen. Wer dabei aber an hübsch-süße Knuddelszenarien, wie in Final Fantasy IX denkt, fehlt gewaltig. Noch nie kam ein Final Fantasy mit einer derartigen Härte, Emotionalität und einem solchen „Realismus“ daher. Es erinnert alles (ein wenig zu sehr) an das ebenfalls sehr populäre High-Fantasy-Spektakel von Game of Thrones. Dass der König beispielsweise in seinem Gebaren und sogar mit seiner Synchronstimme an Sean Bean denken lässt, erzeugt ungute Vorahnungen beim ahnungslosen Spieler. Der gesamte Prolog, der mehr eine spielbare Zwischensequenz, denn ein waschechter Gameplay-Einstieg ist, erzählt eine hochdramatische und emotionale Geschichte, die mit wenigen Kniffen und Zeitsprüngen, die Hauptcharaktere glaubhaft und stimmig einführt. Selbst, wenn die Optik des Hofes und vor allem der World-Map sehr an die Verfilmung der Reihe von George R.R. Martin erinnert, ergreift einen die Geschichte sofort und es folgt ein erzählerischer Punch, den man eher aus dem Hause Naughty Dog erwartet hätte. Nur die aalglatte Schönlings-Optik der Figuren wirkt angesichts der brutalen Härte der Menschen und Umgebung etwas fehl am Platz. Oft wirken die Figuren deshalb etwas verkleidet und ungewollt animelastig, wobei das auch durchaus seinen Charme haben kann.

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Von a nach b

Entgegen der Entwicklung der letzten Jahre reduziert Sqaure Enix den Bewegungsradius der Hauptfigur stark. Während sich der allgemeine Plot in riesige politische Bahnen verfranzt, bleiben einem viele (eigentlich potenziell starke) Figuren seltsam fremd. Man folgt meist Clive bei seinen Abenteuern, bewegt sich dabei aber niemals richtig zwischen den Städten und Dungeons, sondern reist direkt zum nächsten storyrelevanten Austragungsort. Was in vielen Dungeons auffällt, ist die eingeschränkte Bewegungsfreiheit. Selbst wenn man sich die Mühe macht die Ecken und Winkel der Welt zu erkunden, bringt dies nur selten einen Gewinn im monetären Sinne oder in Form von genialer Ausrüstung. Zudem gibt es von diesen Ecken und Winkeln gar nicht genug um so richtig ins Erkunden zu kommen. Die Level sind stets recht linear und voll von unsinnigen Hindernissen. Über den einen Zaun kann man hüpfen, über den anderen nicht. Aus Prinzip quasi, was bei dieser fortgeschrittenen Grafik besonders einschränkend wirkt.

Auch die Sidequest sind nicht ganz am Zahn der Zeit. Einige können einen emotionalen Punch entwickeln, andere dafür gar nicht, weil man einfach nur irgend etwas holen soll. Besonders ärgerlich wird es, wenn diese Sidequest-Mankos die Story belasten, etwa wenn um einen rum eigentlich das politische Chaos tobt, man aber irgendwelche Genehmigungen einholen soll. Das wirkt wie wenn Link eine Runde fischen geht, statt die Welt zu retten.

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Völlig neues Gameplay

Es ist keine Neuigkeit, dass sich die Reihe konsequent weg vom rundenbasierten Kampf entwickelt. Mit Final Fantasy XVI findet in dieser Entwicklung eine Zäsur statt. Das Spiel ist jetzt vollends im actionbasierten Kampfstil von Devil May Cry angekommen und macht dennoch oder gerade deshalb einiges her. Anfangs ist alles noch sehr überschaubar mit Einzelattacken, die man zu Combos kombinieren kann. Dazu gesellen sich die Feuerattacken, die klassischen Fernangriffen ähneln. Vorbei sind die Zeiten, in denen man bestimmten Elementarfeinden, die echtsprechenden Zauber entgegen werfen musste. Jetzt wird angegriffen mit dem was da ist und das dafür mit ordentlich Karacho. Es gibt noch einen mit der Kraft des Phönix ausgestatteten Dash-Angriff, sowie den obligatorischen Ausweichschritt, der einem Tears of the Kingdom ähnlich bei richtigem Timing zur Verlangsamung der Zeit führt. Alles in allem entsteht ein Kampfsystem, dass mit ordentlich Action und Zugänglichkeit punktet, vor allem wenn durch sehr einfache Quick-Time-Events sogenannte filmreife Blocks oder Angriffe ausgelöst werden. Obwohl man seine Attacken mit entsprechenden Erfahrungspunkten erweitern und upgraden kann, fehlt dem Kampfsystem auf Dauer ein wenig die Abwechslung, zumal man (serienuntypisch) immer nur den Hauptcharakter Clive steuert unabhängig davon, ob man begleitet wird oder nicht. Nur den Wolfshund Torgal kann man hier und da mit Sonderbefehlen einbinden.

Spannend wird es vor allem dann, wenn Clive mehr als nur eine Esper ausrüsten kann und sich somit auch ein ordentliches Effektgewitter auslösen lässt. Insgesamt bestehen die Kämpfe aus zwei möglichen Blickrichtungen. Klassischer Angriff zur Reduktion der HP des Gegners und auf der anderen Seite dem Brechen des Willens. Gelingt einem Letzteres ist der Gegner geschwächt und man kann mit allen Mitteln angreifen und zusätzlichen Schaden austeilen.

Was vor allem im Vergleich zum Final Fantasy VII Remake positiv auffällt ist die Durchschaubarkeit der Handlungen während eines Kampfes. Es ist für wachsame Spieler stets zu erkennen, wann und wie ein Gegner angreifen wird, sodass man den Attacken passend ausweichen kann. Natürlich wird dies im Laufe des Spiels immer schwerer und dadurch machen die Bosskämpfe auch im späteren Verlauf noch Spaß. Dies gilt ebenso für die Godzilla-artigen Esper-Kämpfe, bei denen die phänomenal in Szene gestellten Riesen gegeneinander in die Schlacht ziehen. Auch die damit verbundenen Kollateralschäden sind in Final Fantasy XVI stets spürbar, beispielsweise, wenn man am Rande des Schlachtfeldes selber mit den umherfallenden Trümmern zu kämpfen hat, denen unsere Kumpanen nicht genauso glücklich entwischen wie wir. Auch ein Blick auf die Heere aus Fußsoldaten, die reihenweise niedergemetzelt werden von ihren eigenen Giganten hinterlässt einen bitteren Beigeschmack.

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Grafik und Sound auf Höchstniveau

Wie bereits deutlich geworden sein dürfte hat man sich bei der technischen Seite nicht lumpen lassen. Die Grafik reizt die aktuellen Möglichkeiten gut aus, auch wenn das in einigen Performance-Issues mündet. Bewegungsunschärfen gehören zum Dauerprogramm und können nur durch den Wechsel vom Grafik- in den Performancemodus minimiert, wenn auch nicht gänzlich unterbunden werden. Im Allgemeinen bleibt die Bildrate nicht immer bei den gewünschten 60 Bildern pro Sekunde – hier und da wird die Zahl sogar deutlich unterschritten. Das fällt aber auch nur deshalb so auf, weil ansonsten alles vom aller Feinsten ist. Ein echtes Manko ist die Interaktion zwischen Clive und seiner Umwelt. Während man sich in dem ersten Dungeon, einem düsteren Moor, bewegt, wirkt es so, als würden Clives Schritte kaum Auswirkung auf den matschigen Untergrund haben. Dadurch scheint es manchmal so, als würde der Hauptcharakter keinen rechten Kontakt zum Boden haben. Was aber im gleichen Dungeon extrem positiv auffällt ist die Neuinterpretation der Gegnerzeichnungen. Sie wirken allesamt bedrohlicher, ekliger und innerhalb der High-Fantasy realistischer animiert. Selbst die sonst eher ulkigen Goblins versprühen eine tatsächlich gefährliche Aura und man versteht, warum man sich dieser Fieslinge entledigen möchte.

Oftmals hat man das Gefühl, dass das Spiel leider nicht besonders viel Wert auf das Selberspielen legt, bei so vielen FMV-Sequenzen. Über 10 Stunden Videozeit darf oder muss man während des gesamten Spiels erleben. Stellenweise, vor allem in den ersten zehn Stunden, wirkt die Balance zwischen Gucken und Spielen teilweise nicht richtig harmonisch und man fragt sich stellenweise, warum man die zehn Meter überhaupt selber gehen musste, wenn jetzt doch wieder eine zehnminütige Sequenz startet. An dieser Stelle muss man selber entscheiden, ob man das als Manko oder filmreife Erzählkunst wertet.

Wo es jedoch kaum zwei Meinungen geben dürfte ist die akustische Präsentation des neuen Final Fantasy Ablegers. Neben den schon als Standard wahrgenommenen High-End-Kompositionen überraschen im 16. Teil vor allem die Neuinterpretationen klassischer Themen. So dringt das nostalgische Final Fantasy Präludium durch die anfängliche Schlacht mit ihren dröhnenden Fanfaren und verleiht so dem grausamen Treiben die typisch-verträumte Note der Reihe. Auch die allseits beliebte Siegesmelodie am Ende des Kampfes ist da wo sie hingehört, allerdings dieses mal im Stile eines gotischen Männerchores. Herrlich. Auch die Synchronisation ist im Englischen, wie im Deutschen fabelhaft, wobei man stets hören kann, wer überlebt und wer stirbt oder bald verschwindet. Nur die ausdauernden Charaktere waren es anscheinend wert durch Synchron-Schwergewichte gesprochen zu werden, während die anderen qualitativ leicht abfallen. Es wird aber niemals unangenehm oder gar trashig.

Fazit:

Final Fantasy XVI ist wuchtig, ernst, brutal und voller High-Fantasy-Action. Das neue, sehr actionlastige Kampfgameplay ist fordernd und spitze umgesetzt. Es macht auch nach vielen Stunden noch Spaß, vor allem in den gigantischen Bosskämpfen. Darf man die riesigen Esper steuern, legt Square Enix noch eine Schippe drauf und entfesselt das volle Godzilla-Feeling. Die politische, deepe und teilweise an Game of Thrones erinnernde Story weiß zu gefallen. Allerdings führen die mangelnde Erkundungsfreiheit, die stundenlange filmische Präsentation und die Fokussierung auf nur einen spielbaren Charakter oft dazu, dass man sich eher in einer Beobachterposition wiederfindet, als im tatsächlichen Geschehen. Optisch und akustisch macht das Spiel ordentlich was her und man ist froh, neben seiner Switch auch eine Playstation 5 zu besitzen. Die 30 bis 60 Spielstunden gehen locker von der Hand, auch wenn man den Eindruck nicht los wird, dass hier leichtfertig die Vollwertung liegen gelassen wurde.

Story: 8.5
Grafik: 9.5
Sound: 10
Gameplay: 8.5
Spielspaß: 9
GESAMT: 9

PRO:
Düster-blutige Athmosphäre
Tolle Action in den Kämpfen
Neue Interpretation des Gegnerdesigns
Viele tolle Filmsequenzen

CONTRA:
Wenig Abwechslung im Kampf
Einige Missionen sehr stumpf
Bewegungsunschärfen
Eingeschränkte Bewegungsfreiheit
Zu viele tolle Filmsequenzen

Danke an Square Enix für die Bereitstellung des Testmusters.

verfasst von „MatEusZ“

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Letzte Aktualisierung: 29.06.2023, 13:30 Uhr