Lobodestroyo Interview: Auf den Spuren der N64 Rareware-Klassiker

Lobodestroyo Interview: Auf den Spuren der N64 Rareware-Klassiker

Die Geschichte der Videospiele wird von etlichen Meilensteinen geprägt, die eindrucksvoll zeigen, mit welchen Mitteln sich die Industrie immer wieder neu erfinden konnte. Doch während viele neue Titel weiterhin mit ihrer Zeit gehen, greifen andere die Stärken von Spielen aus vergangener Zeit auf und sorgen so für das gewisse Retro-Feeling. Vor allem Indie-Entwickler konnten in den vergangenen Jahren mit zahlreichen gelungenen Mischungen aus klassischem Gameplay und der nötigen Prise an Innovationen beeindrucken.

Auch das Team, das hinter dem Indie-Entwicklerstudio Lefthanded Games steht, wird mit dem kommenden Titel Lobodestroyo wieder an klassischen Gameplay-Elementen festhalten. Während sich der Großteil der Spieleschmieden im Retro-Bereich aber auf zweidimensionale Abenteuer beschränkt, so wagen sich die 10 Herren aus Florida in dreidimensionale Gefilde und möchten die Nintendo 64-Ära wieder aufleben lassen. Um genauer zu sein: Ihre besondere Leidenschaft und das Vorbild für die Software, die momentan in der Mache ist, sind die 3D-Plattformer von Rareware, die jene Generation prägten: Banjo-Kazooie, Donkey Kong 64 und Konsorten.

Der Trailer, der im Zuge der Kickstarter-Kampagne veröffentlicht wurde, verschafft einen guten Ersteindruck– bitte beachtet aber, dass es sich um Material handelt, das aus einer sehr frühen Entwicklungsphase stammt; mittlerweile wurden selbstverständlich zahlreiche Änderungen und Verbesserungen vorgenommen.

In Lobodestroyo: vs la Liga de los Villanos – so der komplette Name des Spiel – schlüpft ihr in die Rolle von Mutt, einem Taugenichts aus dem Wolfsrudel, das in Costa Lucha für Recht und Ordnung sorgt. Als seine tierischen Kollegen sowie auch ihr Anführer, der legendäre Lobodestroyo, eines Tages plötzlich von der Bildfläche verschwinden, liegt es an Mutt, ihr Vermächtnis anzutreten und die fiesen Villanos hinter Gitter zu bringen. Begleitet und unterstützt von Dorado, dem polarisierenden Luchador-Geist, macht sich der ungewöhnliche Held auf, exotische Welten zu erkunden, verschiedene Sammelgegenstände einzuheimsen und neue Fähigkeiten zu erlernen.

Das Projekt, das letzten Dezember erfolgreich über Kickstarter finanziert wurde, wird voraussichtlich im kommenden Jahr als eShop-Download für Wii U erscheinen. Wir durften dem Creative Director James Guy von Lefthanded Games einige Fragen zum Spiel stellen und haben konnten uns seine Meinung zur aktuellen Situation am Spielemarkt einholen.

Lobodestroyo: vs. la Liga de los Villanos wird von Lefthanded Games entwickelt. Kannst du uns das Team hinter dem Spiel kurz vorstellen? Für welche Aufgaben bist du zuständig?

Ich bin der Creative Director des Projekts, also sozusagen der Ideen-Typ, der für die Charaktere, die Story und die verschiedenen Aufgaben, vor die der Spieler gestellt wird, zuständig ist. Das Team besteht außerdem aus 5 Grafikern, die alles digital aufbereiten, modellieren und animieren sowie einer Gruppe von drei Programmierern, welche das ganze Material schließlich in Unity zusammenführen. Wir haben auch einen Soundtechniker und einen Komponisten, die sich um die Soundeffekte und die Musik in Lobo kümmern. Die Gruppe mag relativ klein sein, aber wir haben eine Menge Talente hier. Die Leidenschaft und Fähigkeiten von den Jungs sind großartig und ich kann es gar nicht abwarten, den Titel, dem wir entgegen streben, endlich zu spielen!

Das klingt schon einmal sehr vielversprechend – aber kommen wir nun zum Spiel selbst! Kannst du kurz zusammenfassen, worum es in Lobo geht und auf welche Features wir uns freuen dürfen?

Es ist ein Action-Adventure mit starkem Fokus auf Erkundung und das Sammeln von verschiedenen Gegenständen. Die Spieler bekommen notwendige Items und Fähigkeiten, um in neue Bereiche vorzudringen und sich den verschiedenen Bossen im Spiel stellen zu können.

Zu welchem Zeitpunkt kamst du auf die Idee für Lobodestroyo und wann habt ihr angefangen, an dem Projekt zu arbeiten?

Die ersten Gedanken kamen schon vor einer ganzen Weile auf, aber es ist etwa 2 Jahre her, seit ich damit begonnen habe, die einzelnen Fetzen auch zusammen zu führen. Offiziell begannen die Arbeiten am Projekt letzten Januar, als unser Kickstarter-Projekt erfolgreich finanziert war und wir damit das Geld für die Entwicklung zusammenhatten.

Die Rareware-Entwicklungen für Nintendo 64 waren eine große Inspiration für Lobo, allerdings habt ihr auch einige Elemente von anderen Spielen einfließen lassen. Kannst du uns Beispiele dafür geben, inwiefern Videospielserien wie Mega Man oder Metroid in eurem Projekt wiederzuerkennen sind?

Eines der besten Features in den Mega Man-Spielen waren die Showdowns bei den Endbossen. Hat man sie einmal besiegt, erhält der Spieler ihre jeweiligen Fähigkeiten – das wollten wir bei Lobodestroyo genauso haben. Sobald der Spieler die Oberhaupte der Liga de los Villanos in die Knie zwingt, erhält er deren Masken und dadurch auch ihre speziellen Fähigkeiten. Diese sind wiederum nützlich, um Bereiche, in denen man bereits gewesen ist, intensiver zu erforschen und dabei neue Orte, Herausforderungen und Missionen zu entdecken (ganz im Stil von Metroid).

Gehen wir etwas näher auf das Gameplay ein: Kannst du uns den Aufbau der Welt, Mutts Fähigkeiten, die Boss-Kämpfe sowie die verschiedenen Sammelgegenstände näher erklären?

Das Spiel ist in 9 einzelne Welten aufgeteilt, welche jeweils auf ihre eigene Art freigeschaltet werden können, aber alle über den Hauptbereich, die Stadt Costa Lucha, zugänglich sind. Costa Lucha selbst besteht wiederum aus 3 Teilen, auf welche die Eingänge zu den Spielwelten gleichmäßig aufgeteilt sind. Um ein neues Areal zu betreten, müssen gewisse Aufgaben in Costa Lucha und in den früheren Levels bewältigt werden.

Erfahrene Spieler stören sich heutzutage immer wieder an zu einfachen Spielen, die nach mehreren gescheiterten Versuchen unaufgefordert Hinweise geben oder gar anbieten, die betroffene Stelle im Spiel aufgrund ihrer „hohen Schwierigkeit“ einfach zu überspringen. Es wirkt zeitweise fast so, als hätten die Entwickler von heute den Spaß an der Herausforderung vergessen – das großartige Gefühl, nach jedem Tod ein kleines Stückchen weiter vorzudringen und schließlich das Ziel zu erreichen. Wird euer Spiel all jene, die von diesen ungewollten Hilfestellungen die Nase voll haben, zufrieden stellen können?

Das ist ein interessantes Thema; zweifellos sind die Anforderungen an die Spieler im Laufe der Zeit stark zurückgegangen. Während wir uns mit Lobo in die N64-Ära zurückversetzen, wollen wir dennoch ein Spiel kreieren, das sich an den aktuellen Markt anpasst, und ich denke, dass es da eine sehr schöne Möglichkeit gibt, beide Spielergruppen gleichermaßen zufriedenzustellen.

Wir haben ein integriertes Hilfe-System, ja, aber das ist zur Gänze optional. Es tritt in Form eines mysteriösen, hellsichtigen (nicht spielbaren) Charakters, The Soothsayer (= die Wahrsagerin) auf, welcher den Spielern, die sich verlaufen haben oder nicht auskennen, auf die Sprünge hilft. All jene, die das Spiel ohne jegliche Hilfe beenden möchten, müssen ihre Dienste auch nicht in Anspruch nehmen. Ich denke, dass es einige wenige Genre-Kollegen gegen Ende der Blütezeit hin schon etwas übertrieben haben, was große, mit Items vollgestopfte Areale betrifft.

Werdet ihr in Hinsicht auf die Präsentation des Spiels dem Art Style der N64-Klassiker treu bleiben und euch eventuell auch musikalisch an Grant Kirkhopes großartigen Soundtracks orientieren?

Ja und ja. Wir werden sicherlich mit moderneren Kreationen aufwarten, aber unsere Einflüsse stammen sowohl beim Charakter-Design als auch in musikalischer Hinsicht klar aus dem Old-School-Bereich.

Einen kleinen Vorgeschmack auf den Soundtrack gibt es in diesem Video,
welches den Lobodestroyo-Startbildschirm zeigt. Das Logo wurde inzwischen übrigens durch ein neues, stilgerechteres ersetzt.

Wird es Unterschiede bzw. exklusive Inhalte bei den verschiedenen Plattformen, auf denen das Spiel veröffentlicht wird, geben?

Da wir alle Versionen für ihre jeweilige Plattform bestmöglich optimieren werden, wird es sicherlich Unterschiede geben. Exklusive Inhalte haben wir zum aktuellen Zeitpunkt keine in Planung.

Euer Kickstarter-Projekt hatte mit seinen angepeilten 35.000$ ein vergleichsweise bescheidenes Ziel. Kannst du uns sagen, aus welchem Grund die meisten anderen Entwickler mindestens das doppelte Kapital voraussetzen und hattet ihr schon finanzielle Probleme?

Wir hatten das Glück, ein Teil des Ouya „Free the Games Funds“ zu sein. Die Aktion, die von den Kollegen von Ouya angeboten wird, verspricht, die durch „Backer“ finanziell erbrachten Mittel bei einer erfolgreichen Kampagne zu verdoppeln, wobei das entsprechende Spiel im Gegenzug dazu eine gewisse Zeit lang exklusiv (Anm.: betrifft nur Konsolenversionen) auf der hauseigenen Android-Konsole erhältlich sein wird. Das hat uns erlaubt, den erforderlichen Betrag auf die Hälfte zu reduzieren und das Projekt für all jene, die uns die Chance geben wollten, es zu realisieren, weniger kostenintensiv zu gestalten. Ich kann nicht oft genug sagen, wie cool es ist, dass Ouya solche Aktionen anbietet und es ist eine wirklich große Sache, der Welt zu zeigen, wie stark sie sich für die Indie-Entwickler einsetzten. Abgesehen davon arbeiten wir für lau und jedes Teammitglied wird ganz allein von der Leidenschaft für das Projekt angetrieben. Der Verzicht auf Lohnkosten spielte eine große Rolle dabei, unser Preisschild mit dieser Zahl zu versehen.

Die Videospielindustrie hat sich seit den Zeiten des Nintendo 64 doch ziemlich verändert: Damals waren 3D-Plattformer mehr oder weniger das Genre, mit dem sich die Generation identifizieren konnte. Heute sind sogar die Mario-Spiele – obwohl sie ohne Frage weiterhin gelungen sind – bei weitem nicht so komplex wie Super Mario 64 oder Sunshine. Offensichtlich gibt es immer noch einige Spieler, die in non-lineare, N64-artige Abenteuer eintauchen wollen (und eurem Projekt sicherlich schon entgegenfiebern) – doch warum scheint sich keiner der großen Mitstreiter in der Branche mehr um dieses Sub-Genre zu kümmern? Und ist es nicht absurd, dass gerade Rare – oder besser gesagt, was von der Marke noch übrig ist – den Eindruck macht, bis in die Ewigkeit auf der Entwicklung von Kinect Sports-Spielen sitzen zu bleiben? Willst du diesbezüglich vielleicht ein paar Gedanken mit uns teilen?

Es ist wirklich schade, dass die Tage der klassischen Plattformer vorbei sind. Sonic, Crash, Jak, Mario, Spyro und viele andere sind auch heute noch präsent, repräsentieren aber längst nicht mehr die Plattformer-Figuren, die sie einst gewesen sind (wobei Mario hierbei die große Ausnahme darstellt, wie ich finde). Allerdings kann ich dem Gedanken, dass heutige Spiele „weniger kompliziert“ als Mario 64 oder Sunshine sind, nicht zustimmen. Linearer? Ja, ich denke, dass das bei den heutigen Plattformern ein berechtigter Einwand ist. Aber alles entwickelt sich in Zyklen. Ich denke, dass sich diese Titel zu den Sandkasten-Spielen entwickelten, die mittlerweile weit verbreitet sind; da gibt es viel zu sehen und zu tun, mit dem netten Zusatz, dass die Spieler in der Reihenfolge agieren können, wie sie es möchten. Lobo ist eine schöne Mischung aus beiden, was die Fans der guten, alten N64-Zeiten hoffentlich schätzen werden.

Worin siehst du eure Möglichkeiten mit der Wii U und der Entwicklung für die Konsole? Wie gut sieht die Situation für Indie-Entwickler momentan aus? Und haben wir eventuell Chancen, dass die 3D-Plattformer nach der 2D-dominierten Wii-Ära wieder ein Comeback feiern werden?

Wie ich bereits sagte: Alles entwickelt sich in Zyklen. Ich meine, um Himmels Willen, es ist fast schon wieder cool, sich wie in den 80ern zu bekleiden! Die Zeit heilt alle Wunden und Abwesenheit lässt mit der Zeit das Bedürfnis wieder wachsen (zumindest, wenn man gewissen Klischees glauben darf). Mit Videospielen ist es genauso, und wenn die Leute etwas stark nur genug begehren, kriegen sie es auch. Ich denke, wenn Entwicklungen wie unsere von Spielern momentan unterstützt werden, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich der Kreis wieder schließt und auch andere Publisher auf den Zug aufspringen.

Das hört sich doch prima an! Zu guter Letzt noch eine Frage: Wann können wir damit rechnen, den Lobodestroyo-Banner im europäischen Wii U eShop zu sehen, um das vielversprechende Spiel auch auf Nintendos aktueller Heimkonsole genießen zu können?

Wir können zu diesem Zeitpunkt keine genauen Termine nennen. Wir sind zu klein, um uns verlässlich an irgendwelche willkürlichen Datumsangaben halten zu können oder übereifrige Prognosen zu machen. Wie ich bereits erwähnte, wird die erste Konsolenversion auf Ouya erscheinen und aufgrund des Vertrags ein paar Monate exklusiv im entsprechenden Online-Store verweilen. Die Wii U-Version steht auf der Liste gleich darunter und wird selbstverständlich überall veröffentlicht, wo Nintendo es uns erlaubt. Ich hasse es, die obligatorische „Stay tuned for more“-Meldung zu bringen, aber habe momentan wirklich nichts Konkreteres. Wir sind ein kleines Team, das auf Teilzeit arbeitet und ich hoffe, dass die Unterstützer von Lobo das zu schätzen wissen. Wir stecken sehr viel Herzblut in das Projekt, sind letzten Endes aber auch nur Menschen.

Alles klar! Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen, James!

Nicht doch; danke für deine Fragen und dass ihr über unser Projekt berichtet! Es bedeutet mir sehr viel, dass du dir die Zeit dafür genommen hast. Vielen Dank.

Klickt hier, um das Original-Artwork von „Commander Salamander“, einem der „Villanos“ im Spiel, zu sehen!

Lobodestroyo scheint genau das Spiel zu werden, auf das Fans von den N64-Rareware-Meisterwerken schon so lange warten. Das Setting ist lässig und der Soundtrack – zumindest das, was man bereits davon kennt – steht den großartigen Kirkhope-Kompositionen nichts nach. Auch das Gameplay sieht bereits sehr vielversprechend aus und schlägt mit den Parallelen zu Banjo-Kazooie und Co. eine sehr willkommene Richtung ein, aus der schon seit längerer Zeit nichts mehr kam.

Natürlich können wir zu diesem Zeitpunkt noch keine Auskunft darüber geben, wie gut sich die fertige Mischung in der Praxis schließlich offenbart – die Zeichen stehen aber alles andere als schlecht: Es macht richtig Spaß, über die interessanten Entwicklungs-Updates zu beobachten, wie schnell der Prozess voran geht und wie engagiert sich das Team für Lobodestroyo einsetzt. Konstruktive Kritik wird im Forum gerne gesehen, bei der Entwicklung berücksichtigt und bei Bedarf auch ausführlich diskutiert. Zuletzt hat James bei „seinem Baby“, als das er das Projekt immer wieder gerne bezeichnet, sichtlich hohe Ansprüche und wird definitiv nicht ruhen, ehe alles seinen Erwartungen entspricht – und wenn es nur um Kleinigkeiten geht!

Klingt nach einem Spiel, das euren Geschmack trifft? Bleibt auf dem neuesten Stand und folgt Lobodestroyo auf Facebook, Twitter und YouTube oder hört euch den neuen Podcast des Teams via iTunes bzw. StartSelect.net an! Wir freuen uns jedenfalls schon sehr auf den Release von Lobodestroyo: vs la Liga de los Villanos und werden den weiteren Entwicklungsprozess gespannt beobachten – ihr könnt natürlich auch damit rechnen, ab und an im News-Bereich Aktuelles zum Projekt zu erfahren.

Auf der offiziellen Website habt ihr zudem die Möglichkeit, das Spiel via PayPal weiterhin finanziell zu unterstützen und damit Backer-exklusive Vorteile zu genießen. Im entsprechenden (englischsprachigen) Backer-Forum gibt es umfangreiche monatliche Updates zum Entwicklungsstand, eine nette Community und viele Möglichkeiten bzw. Wettbewerbe, um euch selbst in das Spiel einzubringen.

verfasst von „Benjamin F.“

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Letzte Aktualisierung: 24.06.2014, 10:25 Uhr