Videospiele und der 3D-Effekt - Teil 2: Virtual Boy

Videospiele und der 3D-Effekt - Teil 2: Virtual Boy

Heute widmen wir uns Nintendos erster eigenständiger 3D-Konsole, dem Virtual Boy. Das Gerät kam 1995 auf den japanischen Markt und stellt eine voluminöse rote Brille mit 2 Bildschirmen dar. Auf einem dafür vorgesehenen Ständer wird das Gerät montiert und in Betrieb gesetzt. Der klobige schwarze Kontroller mit Batteriefach, welches übrigens satte 6 AA-Batterien verschluckt, dient als Steuerungselement und Stromversorgung gleichzeitig – es wurden aber natürlich auch separat Netzteil-Adapter verkauft. Ein an den Kopf angepasster Lichtschutz bewahrt den Spieler vor störenden hellen Umgebungen. Pro Auge gibt es einen Bildschirm, der lediglich aus roten LEDs besteht. Somit können die dafür erschienen Spiele auch nur in rot/schwarz angezeigt werden.

Der Virtual Boy wurde parallel zum Nintendo 64 von Gunpei Yokoi, dem Vater des Game Boy sowie des R.O.B. entwickelt. Als Handheld-Konsole in den Handel gekommen, konnte er nicht so recht überzeugen und wurde so schnell zu einem kommerziellen Flop. Das Problem lag daran, dass für In-Game-3D sogenannte Drahtmodelle genutzt werden mussten, um den Tiefeneffekt schön präsentieren zu können – allerdings gab es nicht viele Möglichkeiten, diese Grafiken auch umzusetzen. So würden Spiele mit Nintendo-Helden wie Mario oder Zelda nur auf einer 2D-Ebene mit dem Tiefeneffekt basieren – Aber so weit ist es erst gar nicht gekommen – lediglich Wario hatte die Ehre, die Hauptrolle im einzigen vollwertigen Jump’n’Run für den Virtual Boy zu spielen, welches eben auf die 2D-Spielwelt mit 3D-Effekten setzt. Mario-Erfinder Shigeru Miyamoto hat es in der „Iwata fragt“-Serie betont: Es war die Art von Spielzeug, die einen begeistert und einem zeigt: „Das können wir heute alles tun!" Ich dachte mir, dass Leute, die immer auf der Suche nach neuer Unterhaltungstechnik sind oder etwas mehr Geld erübrigen können, dieses Gerät kaufen würden, auch wenn es ein bisschen teurer ist. Leider behandelte die Welt die Einführung, als sei es ein Nachfolger des Systems Game Boy.

Wegen des schlechten Erfolgs erschien das Gerät niemals in Europa und hatte ein ziemlich laues Software-Angebot von lediglich 22 Spielen, von denen ein paar exklusiv in Amerika und andere nur in Japan erschienen sind. Die komplette Liste aller Virtual Boy-Spiele findet ihr in unserer Game-List!

Natürlich ließen sich auch Nintendos All-Stars in der Spielebibliothek der rot-schwarzen Wunderkiste dennoch blicken – durch den Misserfolg und die kurze Lebensdauer des Virtual Boy begründet machten sich Mario&Co. allerdings relativ rar: In den folgenden drei Titeln spielen der weltberühmte Klempner oder sein fieser Cousin die Hauptrolle (Samus dagegen gab sich nur in Form eines Cameo-Auftritts in Galactic Pinball die Ehre).

Mario´s Tennis

Ist ein Mario-Spiel im Lieferumfang einer neuen Konsole enthalten, so drängt sich die Vermutung auf, es handle sich um ein Jump&Run – Mario´s Tennis hingegen war anders und stellte ein gut spielbares, aber für Pilzkönigreich-Verhältnisse konventionelles Sportspiel dar: Mario-Kart-mäßige Items oder Specialmoves fehlten gänzlich.

Spaß machte das Spielchen dank der prominenten Protagonisten (auch der nach Diddy Kongs Debut immer seltenere Donkey Kong Jr. gab sich die Ehre, wie übrigens auch in Mario Tennis für N64), der netten Zoom-Effekte und der guten Steuerung dennoch. Ein Zweispielermodus fehlt jedoch ebenso wie bei allen anderen Spielen des Systems – schade, dass das VB-Link-Kabel zu Grabe getragen wurde, bevor es überhaupt das Licht der Welt erblickte.

Mario Clash

Die Hoffnung der Jump&Run-Fans ruhte auf Mario Clash, nachdem das Pack-in-Game ein komplett anderes Genre bediente – wurde sie erfüllt? Nun, ja und nein – ja, es handelt sich um einen Platformer, ja, Mario kann umherspringen, durch Röhren rutschen und Koopa-Panzer durch die Gegend werfen. Aber – nein, mit der Super Mario Bros.-, Land- und World-Serie kann der Titel nicht konkurrieren, weil er dies auch gar nicht versucht.

Gunpei Yokoi und seine Mannen machten vielmehr einen bewussten Schritt rückwärts und orientierten sich mit bildschirmgroßen Levels, in denen alle Gegner beseitigt werden müssen, stark am Ur-Mario Bros. Aber natürlich spielte sich alles wesentlich weniger angestaubt: Es gab eine viel größere Anzahl an Gegnern (u.a. Pokeys, Buu Huus oder fahrbare Kanonen) und die Möglichkeit des Wechsels zwischen Hinter- und Vordergrund entbehrte keinesfalls jedweder Coolness – je nach Panzerung Gegner war es sogar nötig, die geschnappten Schildkrötenpanzer von dem einen Bereich in den anderen zu werfen: Anfangs schwer abzuschätzen, aber man kommt rasch rein.

Mit seinen 99 Levels – die ersten 40 davon anwählbar – dauert es auch garantiert eine ganze Weile, bis man mal durch ist. Spaßig fällt Mario Clash also sicherlich aus – nur sind die oben genannten Auftritte unseres Helden eben ein ganz anders Kaliber. Es heißt, Mario Land-Mastermind Yokoi hätte einen komplexen Mario-Jumper geplant, in welchem das dreidimensionale Ur-Mario Bros.-Prinzip lediglich in Bonusleveln angewandt werden sollte...was wir letztendlich bekamen, war eine ausgewachsene Version dieses Zwischenspielchens.

Wer weiß also, was wir für ein tolles 3D-Mario Land bekommen hätten, wenn sich die Kiste nur ein wenig besser verkauft hätte...

Virtual Boy Wario Land

Jetzt aber – Jump&Run-Fans aufgepasst! Wenn ihr einen Virtual Boy habt, müsst ihr euch Wario Land holen – zweifellos der beste Titel der VB-Bibliothek und ein Plattformer, welcher der Reihe alle Ehre macht.

Ja, ein bisschen kurz ist Warios rot-schwarze Schatzsuche schon geraten – über 10 reguläre und 4 Bosslevels kann selbst der Game Boy-Vorgänger nur müde lächeln. Dafür gleicht keine der Stages der anderen – Abwechslung wird großgeschrieben und jeder Abschnitt kann sich sehen und hören lassen. Weiters ist in allen von ihnen ist ein kostbarer Schatz – teils durchaus knifflig – versteckt, der für einen kompletten Playthrough natürlich eingesackt gehört!

Wie kürzlich in einem Interview bekannt wurde, diente VB Wario Land gar den Retro Studios als Inspiration für den Wechsel zwischen Vorder- und Hintergrund in Donkey Kong Country Returns! Genau dieses Prinzip wird in Warios Virtual Boy-Expedition oftmals angewandt – immer wieder stößt der dicke Gierschlund auf Blöcke, die ihn in den Hintergrund oder wieder zurück katapultieren: Erwartungsgemäß kommt hier der 3D-Effekt sehr gut zur Geltung.

Alles im grünen Bereich also – ein tolles Spiel, das zeigt, was alles für Potential im Virtual Boy gesteckt hätte und auch heute noch eine Menge Spaß macht! Und wer den – durchaus knackigen – Endboss auf die Bretter schickt, freut sich über einen wesentlich schwierigeren zweiten Durchgang mit fieseren Levels und wesentlich flinkeren und mit gefährlicheren Taktiken ausgestatteten Endgegnern! Hier bekommen durchaus auch Jump&Run-Cracks schon mal den Game Over-Screen zu sehen – und uns wird im Falle des Verlustes aller Leben auch noch jeweils ein Schatz aberkannt, der danach wieder aufgestöbert werden muss! Tja, das Leben ist hart...

verfasst von „Benjamin F. & Lukas“

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Letzte Aktualisierung: 23.03.2011, 22:03 Uhr