Interview mit Charles Martinet

Interview mit Charles Martinet

Auf der GamesCom hatten wir die Möglichkeit, für euch ein kurzes Interview mit der Mario-Stimme höchstpersönlich zu führen, nämlich mit Charles Martinet! Bevor das Interview starten konnte, mussten wir einen Geschirrwagen abwarten, der mit „Jingle Bells“ ähnlichen Geräuschen vorbeifuhr. Jedoch bekamen wir dadurch die Möglichkeit, einem Ständchen von Charles zu lauschen, der ein Weihnachtslied dazu zum Besten gab. Danach konnten wir mit dem wirklich lustigen Interview starten.



NFANS: Hallo!

Charles:: Hello, it’s a me, Mario! Yahoo! (Gelächter)

NFANS: Wie sind Sie die Stimme von Mario geworden?

Charles:: Yes, I did!! Oh, es tut mir leid, ich habe natürlich eine bessere Antwort!
Vor 20 Jahren hat mich ein Freund angerufen und gemeint, dass ich unbedingt zum Vorsprechen für eine Computermesse in Las Vegas kommen muss. Ich dachte mir: „Ich bin ein Profi, ich gehe nie unangemeldet zu einem Vorsprechen! ...wie lautet die Adresse?“ Und so ging ich eben dorthin, klopfte an die Türe, obwohl ich schon sehr spät dran war. Der Produzent öffnete mir die Tür und wir standen uns, von Angesicht zu Angesicht, gegenüber. Ich sagte: „Darf ich noch vorsprechen?“ Dieser blickte auf die Uhr, machte „Oooohhh“, schaute wieder auf die Uhr und sagte dann doch „OK, komm rein!
So bekam ich folgende Anweisung: „Stell dir vor, du bist ein italienischer Klempner aus Brooklyn. Mach ein paar Geräusche und stell dir vor, du sprichst mit Leuten. Dein Gesicht wird mit Kontakten versetzt und wird dann irgendwie mit einem Real-Time Grafikding verarbeitet. Wenn du dich bewegst, bewegt sich dann auch ein Cartooncharakter, den auch die Leute sehen und eben hören können. So sprich einfach und wenn du aufhörst, dann war das dein Vorsprechen.
Ihr könnt euch das so vorstellen, wie wenn ihr an der Grafik vorbeigeht und ich sage (Charles blickt zu Ulrich): Hallo, du da mit dem roten T-Shirt!“
Ich dachte mir dann: „OK, ein italienischer Klempner aus Brooklyn“. Viele Leute stellen sich den mit tiefer, rauer Stimme vor. (Charles gibt und ein paar Beispiele).
Mir war aber etwas Lustiges lieber, etwas, dass die Leute mochten. Ich wusste nicht wer Mario war und dass er ein Charakter in einem Videospiel ist. Plötzlich hies es „ACTION“ und die Kamera begann zu laufen. So sprach ich in der Stimme, die ihr heute kennt: „Hello, I am Mario. Oki Doki. Let’s make a pizza pie!“. Ich sprach über Spaghetti, wie man diese isst, über Fleischbällchen und viele andere Sachen. Ich weiß nicht mehr was ich sagte, jedenfalls redete ich 30 Minuten, bis es hieß „Stop, hör auf zu reden! Das Band ist aus. Danke, du wirst von uns hören!“
Das ist das Schlimmste, was man bei einem Vorsprechen hören kann. Im Prinzip heißt dies: „Danke, dort ist die Türe!“. Ich ging dann am Strand spazieren und der Produzent hat gleich bei Nintendo angerufen und gemeint, dass sie „Mario“ gefunden hätten. Sie hatten nur noch mein Tape und ich hörte, dass Herr Miyamoto meinte: „Yahooo!“ (Gelächter)
Ja und das ist schon wieder 20 Jahre her! Unglaublich!

NFANS: Ja, echt unglaublich. Was haben sie denn davor gemacht?

Charles:: Im College wollte ich Anwalt werden, entschied mich dann aber doch, eine Schauspielschule zu besuchen. Meine Freunde sagten immer: „Du musst eine Schauspielklasse besuchen!“ „Ich werde sicher keine Schauspielklasse besuchen! „Du musst eine Schauspielklasse besuchen!“ „Ich werde sicher keine Schauspielklasse besuchen!“ ...
Ich hatte einfach Angst vor Leuten zu stehen. Beim ersten Auftritt zitterte mein rechtes Bein wie ein Blatt. So hielt ich es fest und auf einmal begann mein linkes Bein zu zittern. Plötzlich begannen beide Beine zu zittern. Ich dachte mir: „Oh mein Gott, dass muss furchtbar aussehen!“ Doch die anderen meinten, dass es gut war und ich Talent habe. Und so habe ich es dann eben doch gemacht und hatte eine Menge Spaß. Beim Vorsprechen für das Schultheater wurde ich nicht genommen und so arbeitete ich dann noch härter an mir. Ich habe dann auch Turniere in „Speech and Drama“ gewonnen und als ich dann ein Vorsprechen bei Brooklyn Repertoire hatte, um diese Schule zu besuchen, bekam ich später dann ein Stipendium für eine Schule in England.
So machte ich 10 Jahre Theater und danach Werbefilme. Eines Tages machte ich wieder einen Spot, als mich der Produzent fragte, ob ich auch „Voice over“ (Anm.: Synchronisierung) mache. Ich sagte: „Natürlich mach ich das, was ist Voice-over?“ So bekam ich einfach ein Skript, welches ich runterlesen musste. (Charles gibt uns ein Beispiel zum Besten) (Gelächter).
Ja und das war mein Beginn als Synchronsprecher. Dann, eines Tages, bekam ich eben dieses wundervolle Telefonat, dass ich eben bei diesem Vorsprechen für die Computermesse in Las Vegas mitmachen soll. Und das war bis jetzt das beste, was mir in meinem Leben passierte.



NFANS: Sie arbeiten nun für Nintendo seit 20 Jahren. (Das Interview wird kurz unterbrochen, da Charles uns darauf hinweist, dass „Santa Claus“ mit dem Geschirrwagen erneut vorbeikommt!) Sie arbeiten nun seit 20 Jahren für Nintendo. Was haben sie bevor der Synchronisierungsarbeit für die Firma gearbeitet?

Charles:: Wir haben diese Real-Time Animation mit dem namen „MIRT“ gemacht. Mario in real time! Ich habe eben diese Sensoren in meinem Gesicht getragen und hatte eine versteckte Kamera, wo ich dich dann zum Beispiel sah. So musste ich Dinge sprechen wie (Charles beginnt als Mario zu sprechen): „Look at that, he is wearing a red shirt! Just like a Mario!“ ( (Charles gibt einen Dialog als Mario und als sich selbst zum Besten.) (Gelächter)
Die Leute mochten das. Und da gab es dann auch einen Bildschirm, wo Marios Kopf auf deinen Körper gesetzt wurde und (Charles spricht als Mario): „Oh look, it’ s me“. Solche Sachen hab ich eben 6 Jahre für Nintendo auf Messen, PR-Terminen usw. gemacht. Dann, an einem wunderschönen Tag bekam ich einen Anruf von Nintendo, wo mir mitgeteilt wurde, das Mr. Miyamoto meine Stimme als Mario mag und mich deshalb auch in einem Videospiel haben möchte. Und das war eben 1996 mit „Mario 64“, wo ich das erste Mal die Stimme von Mario in einem Game war.
Davor hab ich auch noch Punch Out für Nintendo gemacht (synchronisiert). (Charles gibt ein paar Beispiele)
Ja, und das machte ich eben für Nintendo.

NFANS: Das ist ein guter Punkt. Sie sind ja die Stimme von mehreren Nintendo-Charakteren.
(Charles unterbricht und synchronisiert alle Charaktere)
„Yeah, it’s a me Mario!“ „Wahooo!“
„And Luigi, Wohoo, Mamama..Mario!“
„Wario, I’m gonna win!“
„And Waluigi, why you always treat me to do that“
„And Babyluigi and Babymario, let’s a go! Yahooo“
(Gelächter)

NFANS: Welcher von diesen ist der Schwierigste für sie zu sprechen?

Charles:: Im Prinzip sind alle leicht, denn ich habe sie alle verinnerlicht. Wenn ich morgens aufstehe und gut gelaunt bin, dann geht es gleich los mit „Yahooo, let’s a go!“. Das bin einfach ich. Und dann höre ich auch noch „tütütütü...“ (Charles macht das Mario-Theme).

NFANS: Es ist schön für uns zu sehen, dass sie ihre Arbeit so lieben.

Charles:: Oooh, ja, es waren bis jetzt 20 tolle Jahre. Nintendo ist einfach eine Firma, die tolle Spiele macht. Mr. Miyamoto ist das Genie hinter all dem. Er gibt uns immer wieder tolle Spiele in 2D mit Seitwärts-Scrolling, in 3D... Es ist nicht nur ein gutes Spiel, ein gutes Spiel, ein gutes Spiel... sondern auch eine gute Plattform nach der anderen. Vom NES, zum SNES, zum N64 bis zur Wii. Vom GameBoy, wo es auch weitergeht, also zuerst der GameBoy, dann der... (Charles überlegt)

NFANS: GameCube?

Charles:: Oh ja, ich vergaß den GameCube. Na jedenfalls, sah ich den DS und ich dachte : „Das ist absolut revolutionär!“. Ich sah den N64: „Das ist absolut revolutionär!“. Dann die Wii: „Das ist revolutionär!“ Und jetzt den 3DS: „Das ist erstaunlich, man kann es gar nicht in Worte fassen!“ Wenn man den 3DS aufmacht, dann: „Ooooooohhhh, ich kann es gar nicht glauben!“
Als Mr. Miyamoto und sein Team an Mario Galaxy arbeiteten, dann konnten sie gar nicht aufhören. Es steckte so viel Liebe in diesem Game und in der Entwicklung. Und daher beschloss Miyamoto einen zweiten Teil zu machen und es ist wirklich ein erstaunliches Spiel.

NFANS: Ja, absolut! Sind sie auch irgendwie an der Produktion, der Entwicklung der Spiele beteiligt?

Charles:: Nein, dass überlass ich lieber den Leuten, die davon eine Ahnung haben. Hier braucht man wirklich tolle Ideen und da vertraue ich ganz auf das Genie von Mr. Miyamoto und seinem Team. Die wissen genau, worauf es in einem Game ankommt.

NFANS: Gibt es eine Chance, dass Mario in Zukunft mehr sprechen wird, wie beispielsweise 2004 in Mario vs. Donkey Kong für den Advance. Dort sagen sie ja auch längere Sätze wie: „Come here you big monkey!“, während es in anderen Spielen immer nur kurze Sachen sind.
Charles: (lacht)
Als ein Schauspieler sagt man natürlich immer, dass man mehr sprechen möchte. Doch auch in dieser Sache vertraue ich ganz auf Mr. Miyamoto und seinem Genie. Der weiß genau was die Spieler möchten, was gut für das Spiel passt. Ich bin sehr zufrieden, wie es momentan ist.

NFANS: Stimmt es, dass sie den Vater von Michael Douglas in „The Game“ spielten?

Charles:: Ja, das habe ich gemacht. Ich sprang von der Spitze des Daches: „I dropped my cigarette, noooooo!“ Na jedenfalls ist es wahr und es machte sehr viel Spaß. Mittlerweile ist es ja schon wieder einige Jahre her. Auch war ich bei „9 Months“ mit Hugh Grant und Tom Arnold dabei. (Charles gibt wieder eine Kostprobe von sich). Ich hatte wirklich eine großartige Karriere, aber das beste war und ist trotzdem Mario. Ich liebe diese Spiele und es macht einfach Spaß!

NFANS: Werde sie auf der Straße öfters von irgendwelchen Leuten erkannt, oder nur auf Conventions wie hier?

Charles:: In Heidelberg hat mich vor kurzem jemand im örtlichen Shop angesprochen und gemeint: „Hey, Sie sind ja Charles Martinet" Mein Freund hat sich nicht getraut Sie anzusprechen.“ Das war wirklich nett. Bei dieser Convention bin ich sehr bekannt, genauso wie auf der E3. Dort musste ich auch Autogrammstunden geben, mich mit Leuten fotografieren lassen und so weiter. Doch sobald ich das Messegelände verlasse, bin ich anonym für den Rest der Welt. Das ist die perfekte Art von Berühmtheit.

NFANS: Ja, das stimmt. Leider müssen wir schon Schluss machen,. Vielen Dank für das Interview. Es hat uns großen Spaß gemacht.

Charles:: Kein Problem, mir hat es auch gefallen.


Das war das Interview mit Charles Martinet . Zum Schluss standen wir schon etwas unter Zeitdruck, da schon ein Mitarbeiter von Nintendo bei der Tür hereinschaute.
Ich hoffe, euch hat das Interview genauso Spaß gemacht wie uns, wobei man sagen muss, dass es schwierig ist, gewissen Dinge in Textform rüberzubringen. Charles Martinet ist ein echt freundlicher und vor allem total lustiger Geselle. Seine Kommentare wurden immer durch witzige „Yahoos“ oder was auch immer begleitet. Für uns war es wirklich eine Ehre und nochmals ein großes Dankeschön an Nintendo, dass wir einen Termin für das Interview bekommen haben.

Euer NFans-Team

verfasst von „NFans Redaktion“

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Letzte Aktualisierung: 25.08.2010, 21:54 Uhr