Kolumne: Der Nintendo 3DS

Kolumne: Der Nintendo 3DS

Drei Dimensionen, zwei Bildschirme, ein System

Da glaubt man, als Videospieler auf alles gefasst zu sein und muss sich doch immer wieder das Gegenteil eingestehen. 2008 saß ich vor dem Livestream von Nintendos E3-Pressekonferenz, obgleich dagegen ankämpfend doch „gehypt“ und bis zum Schluss hin sehr gespannt, nur um mit einem Schlucken zur Kenntnis zu nehmen, dass selbst der Hauch eines Knalleffekts komplett ausblieb.

Und jetzt...23.März 2010. Ich fahre mit dem Zug von der Uni heim und lese um die Wartezeit zu überbrücken in einer Gratiszeitung (deren einzige Existenzberechtigung der Umstand ist, dass sie nichts kostet) hochgradig wichtige Nachrichten wie die Information, dass Kandidat xy (dessen Namen man sich auch kaum gemerkt hätte, wenn er sogenannter „Superstar“ geworden wäre) wegen Drogenkonsum aus der unsäglichen Castingshow des unsäglichen Dieter Bohlen rausgeflogen ist oder dass sich zwei Omas im Altersheim ein brutales Beat-Em-Up mit Krückstöcken geliefert haben (USK 80, PEGI 82+) – zu einer zweiten Runde kam es wegen Double KO übrigens nicht. Kurz, das letzte, was ich heute erwarte, wäre eine wirklich interessante Neuigkeit, schon gar nicht eine solche aus dem Videospielbereich. Dann fahre ich den Computer hoch, denke nichts Böses und – WATT? „Nintendo 3DS“?

Kein Aprilscherz!

Ein DS-Nachfolger mit dreidimensionaler Grafikdarstellung, aber ohne Notwendigkeit einer Brille...mein erster Gedanke war der an einen verfrühten Aprilscherz, aber als ich die Meldung auch auf der nfans-Hauptseite, garniert mit einem Link zur Pressemitteilung fand, war diese Ungläubigkeit vom Tisch. Aber tatsächlich – Nintendo, die Nummer-1-Geheimniskrämer der Videospielbranche, lassen diese Bombe schon so früh vor der E3 platzen? Erinnern wir uns – wir sprechen hier von der Firma, welche damals auf der Electronic Entertainment Expo nur das Wii-Gehäuse zeigte und erst Monate später das damals neuartige Eingabegerät präsentierte, von tatsächlicher Wii-Software ganz zu schweigen. Warum also lacht man sich bei dem Mario-Konzern nicht erstmal einfach ins Fäustchen, um im Juni dann plötzlich eine Hardware aus dem Hut zu zaubern, mit der wohl niemand gerechnet hätte?

Dies ist eine Frage, über die man nachdenken kann...mehrere Erklärungen scheinen möglich: Dass Microsofts Natal und Sonys Variante der Bewegungssteuerung auf der E3 einiges an Staub aufwirbeln dürften war schon lange klar, von Nintendos Auftritt auf der Messe jedoch gar nichts bekannt. Abgesehen von dem Gerücht, es könne ein neuer Handheld vorgestellt werden – umso wahrscheinlicher nach der Ankündigung einer neuen tragbaren Pokémon-Generation und dem Umstand, dass das Gerät eigentlich doch schon verdammt lange auf dem Markt ist. Ganz klar schadet es Nintendo keinesfalls, bereits im Vorfeld bei Fach- und Nichtfachmedien gleichermaßen ins Gespräch zu kommen – 3D-Filme sind momentan ja der große Hype und eine Konsole der Art des 3DS könnte durchaus auch für spielende oder auch bisher nicht spielende Technikfreaks interessant sein, was etwa die Wii weniger ist.

Will man unter anderem eine solche Zielgruppe ansprechen, wäre es aber freilich vonnöten, den 3DS auch mit entsprechend viel Grafikpower auszustatten – ich denke nicht, dass nur leicht verbesserte DS-Grafiken von einem solchen Effekt wirklich profitieren würden; zumindest PSP-Niveau müsst´s schon sein.

Eine Hoffnung für "Core-Gamer"?

Ein Mitgrund für diesen Schritt könnte es natürlich auch sein, dass Nintendo der Fangemeinde auch ein wenig signalisieren will, dass diese in Zukunft wieder vermehrt auf ihre Kosten kommen soll. Sicher wird auch wieder alles Mögliche und Unmögliche (Mett Maker 2 etwa...harharhar, ja, ich weiß...) für 3DS erscheinen, aber um es überspitzt zu formulieren: Ich denke nicht, dass für Dr.Kawashima und Konsorten ein 3D-Bildschirm wesentliche Verbesserungen mit sich bringen würde; der gemeinsame Nenner der vielen Casual Games ist oftmals die bewusst einfache grafische Darstellung. Ein Handheld mit einerseits räumlicher und andererseits deutlich aufgebesserter Grafik gegenüber dem DS wäre hingegen eine wunderbare Plattform für viele Titel, wie sie sich Nintendofans wünschen würden: Man stelle sich etwa ein Starfox vor, bei dem die Asteroiden quasi am Kopf des Spielers vorbeiziehen, oder ein F-Zero, das einen geradezu in halsbrecherische intergalaktische Rennen hineinzieht. Das wäre was!

Nicht der Nintendo 3DS... Und, ich meine – auch wenn Reggie und Co. bisweilen auf stur schalten (Man erinnere sich, dass er nach der Messe anno 2008 sinngemäß sagte, er könne die Enttäuschung der „Core Gamer“ nicht verstehen, da ja ohnehin Animal Crossing als großer Titel herauskäme...), kann Nintendo doch wohl nicht endlos ignorieren, dass die E3-PKs nicht mehr ansatzweise das Niveau von früher erreichen. Klar war die Konferenz 2009 für den geneigten Spieler um Klassen erfreulicher als die davor, aber es ist noch viel Luft nach oben. Viele der User im NFans erwarten heutzutage kaum mehr was von Nintendo auf der E3 – früher war das anders, und diese Änderung ins Negative ist verdammt schade. Wenn dieses Jahr aber tatsächlich der neue Handheld samt reichlich Software, das Wii-Zelda (bitte mehr als ein bloßes Video!) und sonst noch endlich mal wieder eine zufriedenstellende Anzahl von Topspielen für tragbare und stationäre Hardware (ruft euch einmal das Launch-Up der E3 anno 2004 ins Gedächtnis – und wie viele Hammertitel dann von September bis Dezember erschienen) präsentiert würde, wäre das ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn Other M und Mario Galaxy 2 noch so gut werden sollten – zusammen mit New Super Mario Bros. Wii nur drei große Nintendo-eigene Spiele für die Heimkonsole im Zeitraum eines ganzen Jahres (zwischen Expo 2009 und Expo 2010) sind einfach viel, viel zu wenig. Wenn das dieses Jahr anders wird, könnte die Firma definitiv eine Menge enttäuschte und zur Konkurrenz abgewanderte Fans zurückgewinnen.

Ach ja, wenn ich Mario und Metroid schon erwähne: Das könnte (vorsichtigerweise kursiv) schon ein richtig gutes Zeichen sein – sonst praktiziert Nintendo ja gerne die „Zeigen wir dieses Jahr einen Trailer und stellen das Spiel dann nächstes Jahr tatsächlich vor“-Politik, aber die beiden voraussichtlichen Blockbuster erscheinen schließlich schon vor der E3 (zumindest anderswo auf der Welt, da Metroid ja hierzulande, warum auch immer, auf das kryptische „3.Quartal“ verschoben wurde, was alles und nichts heißen kann; ein Klempner-Release im späten Mai und der Launch von Samus´ neuen Abenteuern im Juni als großer Sommerhit, wie es in Übersee auch der Fall ist, wäre wesentlich sinnvoller gewesen), also kann uns derartiges diesmal nicht passieren und darf man darauf hoffen, dass dies ein Signal für einen gut gefüllten Spieleherbst 2010 darstellt, welcher nicht auf jene beiden Titel angewiesen ist.

Ist "nur 3D" gut genug?

Aber zurück zum 3DS: Welche Hardware tatsächlich in ihm schlummert, werden wir erst in ein paar Monaten erfahren. Dies ist aber, wie gesagt, ein Knackpunkt – ich halte es für nicht sonderlich wahrscheinlich, aber ein sparsam verbessertes DS-Update, das sich im Wesentlichen nur durch die 3D-Funktion von den Vorgängermodellen abhebt, wäre definitiv nicht genug.

Weiters wird es definitiv höchste Zeit, dass Nintendo endlich eine vernünftige Möglichkeit der analogen Steuerung für deren Handhelds einführt. Denn, sein wir einmal ehrlich, eine solche gibt es für den „normalen“ DS nicht – die beste Variante war noch die klassische via Thumbstrap und Touchscreen, und jene Daumenschlaufe wird schon lange gar nicht mehr mit dem Grundgerät ausgeliefert, entsprechend wenige Spiele bieten diese Steuerungsmöglichkeit überhaupt an. Der Dual Screen ist eine ziemliche 2D-Hochburg geworden und hat daher unter diesem Mangel kaum gelitten – aber es ist doch sehr anzunehmen, dass eine 3D-Maschine auch vermehrt auf Spiele mit mehr Bewegungsfreiheit setzen wird. Daher, liebe Designer – bitte spendiert dem guten Gerät doch neben dem (natürlich ebenfalls essentiellen) digitalen Pad einfach einen Analogstick! Es sollte kein Problem sein, einen Klappmechanismus zu entwickeln, der den Steuerknüppel optimal schützt.

Das wären aber auch schon meine einzigen Bedenken – insgesamt freut mich jene Meldung sehr und ist eine Bestätigung dafür, dass uns Nintendo immer noch zu überraschen vermag. Der 3DS ist ganz klar neben Zelda ein weiterer sehr guter Grund, sich auf die kommende E3 zu freuen...Moment! Die Enthüllung eines neuen Handhelds und die Premiere einer Link-Legende? Hört sich verdächtig nach der E3 2004 an...ob das ein gutes Omen ist, dass die heurige PK an die damaligen Enthüllungen samt Hammer-Launch-Up heranreichen wird? Wer weiß...ich spekuliere jetzt einmal nicht zu viel und blicke nicht zu hibbelig-optimistisch, aber keineswegs pessimistisch in die Zukunft und lasse mich überraschen. Eines steht jedenfalls fest: Man darf gespannt sein!

Euer OldMacMario.

verfasst von „OldMacMario“

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Letzte Aktualisierung: 15.06.2010, 23:45 Uhr